Kunst & Inbrunst

Gedichte zur Kunst und der künstlerischen Inbrunst nebst dem entsprechenden Leiden.

Baumsterben & das zweitausendfünfhundertneunundachtzigste Gedicht

Auf dem Weg zum Kloster Andechs

Der provozierte Ruheständler

Und immer schleicht die Spießigkeit
Mit bissbereiter Fresse
Um meiner Inbrunst dünnes Kleid
Und sprießt wie bleiche Kresse.
Sie wittert etwas Kleinstgewinn
In meinen größten Nöten
Und krallt sich alles, was ich bin,
Aus unterkühlten Klöten.

Dann tanzt sie ihre Halbgar-Show
Vor vollverdummten Affen,
Die ein Verstummen vom Niveau
In keinem Kosmos raffen.

Wär sie doch nur so standorttreu,
Dass wir uns nie verqueren -
Ich wollte aus Impulse-Scheu
Mich lang schon nicht mehr wehren!
In meinem Rückzug bin ich doch
Längst weit genug gegangen ...

Die Frage "Und was wollt ihr noch?"
Hängt gut gegart im Bangen.

Essener Eisbär & das zweitausendfünfhundertzweiundsechzigste Gedicht

Lichtwochen in der Essener Innenstadt "Ein Tierpark aus Licht"

Der Marsch durch die Institutionen

So ein bisschen werden einfach mal frech
An ihren Reglern spielen:
Mal zieh'n wir prompt die Finger weg,
Mal frommt es uns zu zielen.

Sie akzeptieren unser Spiel
(wir zähl'n zu den Belachten).
Die Armatur lahmt unfragil -
Doch lässt sie sich entmachten!

Promenade & das zweitausendfünfhundertzweiundfünfzigste Gedicht

Uferweg in Tegernsee

Ruhelos ruhend

Wenn der Berg zur Silhouette wird
Und sein Plural sich in einer Einheit verliert,
Möchte ich ruhelos Ruhender sein,

Seh den Himmel nach droben
Auf die Gipfel gehoben
Und aus platzendem Kragen dringt lautlos mein Schrei'n.

Bernried Landesteg & das zweitausendfünfhundertvierundzwanzigste Gedicht

Wasseroberfläche vom Starnberger See bei Bernried

Hochgefühl, tiefergelegt

Vom See her weht der Wind und sagt:
"Das Gute hat gewonnen."
Und in die alten Ufer ragt
Ein Neues, das begonnen.

Ich spür die Brisen, seh die Wellen -
Doch in mir weilt die Skepsis.
Sich auf mehr Hoffnung einzustellen,
Besänftigt nicht die Sepsis.

Es wiegen Halme, Blätter schwingen -
Erobert scheint der Steg,
Erzählbereit von bess'ren Dingen.
Zu guter Letzt: ein Weg.

Man trug den Eifer, unverzagt -
Längst trag ich meine Schwächen,
Werd, da ein frischer Aufblick tagt,
Versinken ins Gebrechen.

Das bisschen angefaulter Mut
Schafft's nicht mehr zum Triumph.
Zu oft verwässert ward das Blut,
Der Adern Haut zu stumpf.

Das Abgekämpfte stört das Bild
Und schmälert den Gewinn.
Wer jetzt nicht feiert, jetzt nicht wild,
Gehört dort nicht mehr hin.

Schlossparkkanal & das zweitausendfünfhundertzweiundzwanzigste Gedicht

Gondel im Schlosspark Nymphenburg

Eine Busfahrt bei Regen

Der Bus, er durchrädert ein Pfützengespritze,
Feuchtneblig erblinden die Scheiben.
Die vom Sommer noch kürzlich beschienenen Sitze
Erklammt neues Kühl, um zu bleiben.

Es wird Herbst, schreit die tropfnasse Kondensation.
Es bleibt sommerlich, kontert mein Hoffen.
Doch die Busfahrerdurchsagen ändert ein Ton,
Der macht mich bedenklich betroffen.

Ich bestelle dem Sommer zehn Comebackabsichten,
Mit Lieferzeit zwei bis drei Wochen.
Bis dahin mag Regen sein Unheil verrichten,
Den Sommer zur Abheftung lochen.

Es wird Herbst, hört man's Frühchen der Dunkelheit plärren.
Es bleibt sommerlich, schnauz' ich zurück.
Werd' mich mit viel Beharr gegen's Aufgeben sperren,
Bewahr' meine Rolle im Stück
"Eine Busfahrt bei Regen".

Ich mag mich deswegen ja gar nicht beklagen,
Werd' weiter vom Hof der Gewissheit verjagen,
Was Schlusspunktesetzer in Hetze platzieren.

Noch geht die Fahrt weiter, kann so viel passieren ...

Salzach & das zweitausendfünfhundertzweite Gedicht

Blick auf Salzburg vom Müllnersteg

Die Vorstellungsschwäche des Faktischen

Es hat sich der Fluss einst vom Berg aufgemacht -
Da wusst' er noch gar nicht wohin.
Und vielleicht hat er erst sich in Zweifel gedacht
Übers Überhaupt, Richtung und Sinn.

Erst zuletzt die Entscheidung: "Ich fließe ins Tal
Und ich wähle als Weg dieses Bett!"

Das Nachhinein schreibt Hier bestand nie ne Wahl.
In seinen ideenfreien Chat.

Bahnwärterwacht & das zweitausendvierhundertneunundneunzigste Gedicht

Auf dem Gelände des Bahnwärter Thiel

Crème de la Crème

Ich wünsche mir vor meines Lebens Erblindung
Noch so etwas wie eine Eiscremeerfindung.
Etwas Nützliches, dass dem Genusse entspringt -
Etwas Nutzloses, dass sich als Must-have verdingt.
Ein Gewöhnung verpönendes Mahl des Verwöhnens,
Ein unübergehbares Mal des Versöhnens,
Unwiderlegbar als "Is the world nice?!"-Meme -
Kurzum, ein bisschen so etwas wie Eiscreme.

So 'ne Erfindung der Welt hinterlassen,
Als letzter Akt vorm finalen Erblassen,
Irgendwie etwas wie Eiscreme vererben ...

Gut, man kann friedlich auch ohne dies sterben.
Doch das als ein Restzielchen nicht aufzugeben -
Das ist letztendlich mein Anspruch ans Leben.

Resis Brunnenhof & das zweitausendvierhundertachtundneunzigste Gedicht

Der Wittelsbacherbrunnen im Brunnenhof der Münchner Residenz

Sucherlohn für L.

Die Straße, die einst man nach dir mal benennt,
Wird sicherlich gebaut.
Und irgendwer sagt dann, der dich gar nicht kennt,
Du hättest dich echt was getraut.

Vielleicht, dass notorische Parkplatznot gibt
Dort ständigen Anlass zu fluchen?
Auch du warst - posthum, doch nie wirklich geliebt -
Verdammt, lebenslänglich zu suchen ...

Die Katzenstadt & das zweitausendvierhundertsechsundsiebzigste Gedicht

Die größte Katzenstatue (3 m) von vielen in Kuching

Im Cat Museum Kuching

Es gibt viele Museen
Voller Muss-ich-nich-seh'n
Und auch dies ist so eins - theoretisch.

Doch so üppig gefüllt
Wird geübt mir enthüllt:
Der Komplettkosmos von einem Fetisch.

Federfuß & das zweitausendvierhundertneununddreißigste Gedicht

Blässhuhn am Karlsfelder See

Rollenwechsel

Heut bin halt ich mal Publikum,
Drum schalt ich mich plus Handy stumm.

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