Erde

Verse für die Melancholiker, denen man Erde, Herbst, Abend, Erwachsenenalter zuordnet.
Die besinnlichen und leisen Gedichte.
Von Aphorismen bis zur Vanitasdichtung.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Kalt & das zweitausendfünfhundertsiebenundachtzigste Gedicht

Am Kochelseeufer im Winter

Triminilose

Im Dampfbad glänze ich den Glanz,
Der allen kampflos glückt.
Und unterm Unt'ren Herzogstand
Wird's Edelweiß gepflückt.
Wes Herz ich ess, des Los ich zog -
Und schwerelos ich treibe,
Dass ich vergess, wieviel ich wog,

So losgelöst vom Leibe.

Im Dampfbad steigt die Aura mir
Heißfeuchtigst in die Lungen.
Dass ich jed Scheu mir ausradier ...
Scheint momentan gelungen.
Mein tierverwandtes Selbst stöhnt auf,
Weil's sich so wohlbehagt.
Erst unterm Fön löst sich das auf,

Wo neongrell es tagt.

Moosach Sunset & das zweitausendfünfhundertfünfundachtzigste Gedicht

Sonnenuntergang in Moosach West

Forever Young (1984)

Am Lebensabend trügt ein blendend
Sonnenuntergang,
Mit Zähigkeit den Tag beendend -
Als wär er ewig lang.

Dem trotzt der Vorahn'n Munkeln: "Nein,
Es kann sehr bald sehr dunkel sein -
Auch uns hat's überrascht!"

Schon oft hat Unbekümmertheit
Von abonnierter Ewigkeit
Den Zweifel abgeascht.

Birkenallee Bernau & das zweitausendfünfhundertzweiundachtzigste Gedicht

Birkenallee von Bernau zum Chiemseeufer

Hier war doch irgendwo dieses nette Café?!

Mein einst entdeckter Zufallsfund
Scheint aus der Stadt verschwunden.
Trotz Zielstrebens verfehl ich und
Dreh weiter suchend Runden.

Greift hier der Spruch, man darf sein Glück
In keinem Fall erzwingen?

Schon find ich nicht einmal zurück
Zu immobilen Dingen ...

Neujahrsflaneure & das zweitausendfünfhundertachtundsiebzigste Gedicht

Neujahrsspaziergang an der Isar

Jahresbilanz

Die Häufigkeit meiner Spaziergängerläufe,
Die oft schnell bereuten Low-Quality-Käufe,
Besäufnisse, die ich wohl zu selten scheute -
Das alles kam in die Bilanz, liebe Leute!

Jedoch besteht
Nicht viel Gefahr,
Dass sich was dreht
Im nächsten Jahr.

Winterhecke & das zweitausendfünfhundertfünfundsiebzigste Gedicht

Am Schlosspark Nymphenburg

Altersruhesitzen

Ich nehm zum ersten Mal heut Platz
Auf meinem Altersruhesitz.
Es ruft ne ungelesne WAZ,
Dass ich durch ihre Zeilen flitz.

Hier werd ich meine letzten Kräfte
Zum Spurt zusammenballen
Für Studien alter Comichefte.
Vielleicht wird's mir gefallen …

Die letzten Runden sind ein Keks
Von zuckerbittrer Note.
Wär gern noch etwas unterwegs -
Schon setzt die Zeit Verbote.

Homebaum & das zweitausendfünfhundertvierundsiebzigste Gedicht

2024er Weihnachtsbaum

Weihnachten, Reprise

Die güldnen Lichter gehen aus,
Das Wintergrau wird dunkler,
Der Frost vervielfacht seinen Graus,
Die Frühlingsaussicht: unklar.

Der Licht an Ketten ist entwischt -
Vermocht' es nicht zu halten!

Ich trotze einer finstren Gischt
Und drohe mich zu spalten.

Wasserführung & das zweitausendfünfhundertzweiundsiebzigste Gedicht

Wasserlauf im Schlosspark Nymphenburg

Nach der Premiere

Das Aufatmen sinkt in den See
Vom " … is' doch gut gelaufen!"
Es singt in mir, derweil ich dreh'
Vom Freudvoll-mich-Besaufen.
Die Haken und das Unbequeme
Bewirkten ja zurecht,
Dass ich mich nicht vom Wissen lähme:
"Bisher lief's niemals schlecht!"

Wildnis & das zweitausendfünfhunderteinundsiebzigste Gedicht

Im Dörfchen am Johannisbrunnhaus vom Schlosspark Nymphenburg

Rückschritte in Erfahrung

Mein ödes Trödeln durch die Tage -
Da nöt'ger Tö-Dös Angenage
Mich vom "Erledigt!" noch entfernt …

Das Laptop läppert Onlinefluchten,
Mich dann in Zeitnot einzubuchten -
Als hätt' ich nichts gelernt.

Im Hintergrund & das zweitausendfünfhundertsechsundsechzigste Gedicht

Stilleben im Home Office

Im Studenten*Innen-Café

Ich bin längst schon älter als alle Studenten,
Weiß Gott, sogar: als Professoren!
Man hält mich hier nicht mehr für einen Dozenten -
Dafür wurd' ich zu früh geboren.

Das ist jetzt mein Schicksal -
Doch fühl ich mich halt
Mit "He's a bit sick?"-Mal
Noch immer nicht alt.

Mondscheinexpress & das zweitausendfünfhundertvierundsechzigste Gedicht

Der Mondscheinexpress - Ein Winterfestival am Bahnwärter Thiel

Schritt eins, Schritt zwei

Mal komme ich an einer Kirche vorbei,
Ohne zuvor einem Gott zu begegnen.
Mal hängt in der Luft ein "Die Schirme auf!"-Schrei,
Obwohl's gar nicht anfängt zu regnen.

Ich sage mir beim Weiterwandern:
"Immer eines nach dem andern!"

Und wird man zwischendurch mal nass,
Belächelt man's ohn Unterlass.

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