Haus & Heimat

Gedichte, die dem Thema Heimat und dem Zuhause sowie der Wohnung nebst Interieur zuzuordnen sind.

Meldorfer Schwung & das zweitausendvierhundertfünfundachtzigste Gedicht

F. Jörg Haberland: Meldorfer Schwung an der Zingelstraße in Meldorf

Das Gewicht der Idylle

An einer Straße, auf der tagelang gar nichts geschieht,
Rauschen unüberhörbar die Bäume.
Der Leerstand erobert sich weiter Gebiet,
Birgt verlässlich verlassene Träume.

Ein lässiger Marder nach drüben flaniert -
Der kennt jedes Auto seit Jahren.
Er wird von der Nachbarschaft sehr akzeptiert
Und irgendwann doch überfahren.

"Achtung, eine Zugdurchfahrt!",
Warnt's vom Bahnhof hinein in die Stille -
Auf die hat man fast zwei Jahrzehnte gespart.
Und ein junges Blatt macht killekille.

Bako & das zweitausendvierhundertvierundsiebzigste Gedicht

Anlegebucht im Bako-Nationalpark bei Kuching / Sarawak

Und manchmal

Was stellt man an im Nichts, wenn's regnet?
Wenn auf zigster Runde uns niemand begegnet?
Man nichts mehr wiederholen mag,
Und widersetzt sich, Tag für Tag?!

Aber billig ist es - gar nicht teuer!
Und manchmal zahnt ein Ungeheuer.

Iban Longhouse & das zweitausendvierhundertsiebzigste Gedicht

Langhaus am Batang Ai Stausee

Langhausheimweh

Bin schon lang raus
Aus dem Long House
Solidaritätsgemeng.

Mochte die Runde
Meiner Fre-unde,
Doch dann wurd' es mir zu eng.

Korrekt sich zu trennen,
Das muss man ko-ennen -
Oftmals wird da falsch gewählt.

Fand's mal sehr gut,
Heut ist's Schwermut,
Die mich, abgenabelt, quält.

Sehschlitz & das zweitausendvierhundertdreiundzwanzigste Gedicht

An der Russisch-Orthodoxen Kirche Unserer Lieben Frau von Kasan in Alt-Havanna

Ein Hotelzimmer erstmals betreten

Bin gewiss, dass ihn jeder, der reist, sehr gut kennt:
Den Hotelzimmer-erstmals-Betreten-Moment.

Wenn der erste Blick in den geöffneten Raum
Den Begeisterungssturm drückt auf Windstärke "kaum",
Dich juchzig ins neue Plumeau schmeißen lässt
Oder unschlüssig bleibt vor dem praktischen Test -
In der Bleibe auf Zeit wird dein Kurzschicksal tagen.

Und mehr lässt sich nicht auf den ersten Blick sagen.

Dachgold & das zweitausendvierhundertachte Gedicht

Auf Wiedersehen

Ich habe mich in dieser Stadt hier vergessen,

Weiß nicht mehr, wie sich einstmals ein Weg von mir lief,
Muss neubeginnnah mit dem Rinnstein mich messen,
Mit jeder Berechnung lieg ich chronisch schief.

Aber hat mich nicht grade ein Wissen gestriffen?
Hab ich mich hier vorschnell als nutzlos begriffen?
Lässt sich dort ein Anhaltspunkt wiederverknüpfen?
Werd folglich ich unbeschwert alles durchhüpfen?

Nein, den Weg zu dem Glück, das mich einst hier enthemmt,
Find ich nicht mehr zurück. Und die Stadt bleibt. Mir fremd.

Leipzig Hbf & das zweitausenddreihundertfünfzigste Gedicht

achtlicher Leipziger Hauptbahnhof

Unter Wegs

Von den arrivierten Abfahrtsgleisen
In Richtung neuer Ziele zu reisen ...

Nicht dort und nicht mehr hier vertaut,
An Orientierung abgebaut,
Verlier ich mich in Worten,
Verirre mich an Orten,
Bin einfach nirgends-überall
Steig mehrfach rauf zum Gleis. Und fall.

Ab, stur zur Sache! & das zweitausenddreihundertachtundvierzigste Gedicht

Iguazu-Fälle von der brasilianischen Seite beim Rekordhochwasser

Die Schublade

Ich grub gestern Abend erinnerungswach
Mich durch ein verlorenes Schubladenfach,
Wo achtsam gehortete Wertlosigkeiten
Den Duft längst verschwundener Menschen verbreiten.

Und alles hat, so wie einst sie, seinen Platz,
Bewahrt sich als kryptisch verschlüsselter Schatz -
Ein das Meer des Gedächtnisses bettender Grund.

Für Entrümpler nicht mehr als ein plastiksack Schund.

Schlüsselblume & das zweitausenddreihundertundneunzehnte Gedicht

Im Garten der Schlüsselblume Eschwege - das letzte Jahr!

Entschieden resigniert

Dort schließt was. Und da schließt was ab.
Es neigt, was Fläche war, hinab -
Das zeigt sich nicht dem Sehen!

Man nennt Termine, löscht den Grund,
Zuckt seufzend mit den Schultern und
Ist schon dabei, zu gehen.

Aaltostrom & das zweitausenddreihundertundsiebzehnte Gedicht

Aalto-Theater in Essen mit Nachbarschaft

Unter Essen

Meine alte Hood untergrundbähnlich zu queren
Und ihr irgendwie schändlich den Rücken zu kehren,
Zeigt, wie sehrstens entleert meine Seele schon ist
Und wie wehrlos sich manch eine Ära vergisst.
Da all ihr Wert nährt ein gemeines Verrinnen
Im Zärteln der Mär, es tät Neues beginnen.

Schoch tauch ich hier ab mit der Zeit, die ich habe -
Auch leidlich bereit für den Ausblick im Grabe.

Ausgeflogen & das zweitausenddreihundertunddreizehnte Gedicht

Unsere an die Gentrifizierung verlorene Wohnung in der Tengstraße 4.

Schönen Gruß an den Nachmieter

Normalerweis' bin ich zu Amei-
Sen doch eher gräuslich -
Heut scheiß ich drauf, weil raus. Ja, mei,
Dann macht's euch hier fei häuslich
Und seid dem neuen Herrn am Herd
Sehr gerne eine Plage!

Lang fand ich euch bekämpfenswert -
Nun wünsch ich schöne Tage!

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