Zehnzeiler

Moosach Sunset & das zweitausendfünfhundertfünfundachtzigste Gedicht

Sonnenuntergang in Moosach West

Forever Young (1984)

Am Lebensabend trügt ein blendend
Sonnenuntergang,
Mit Zähigkeit den Tag beendend -
Als wär er ewig lang.

Dem trotzt der Vorahn'n Munkeln: "Nein,
Es kann sehr bald sehr dunkel sein -
Auch uns hat's überrascht!"

Schon oft hat Unbekümmertheit
Von abonnierter Ewigkeit
Den Zweifel abgeascht.

Botanischer Garten & das zweitausendfünfhunderteinundachtzigste Gedicht

Im winterlichen Botanischen Garten München

14 Grad

Es dampft vor Unentschlossenheit
Der aufgetaute Firnis.
Er weiß, es ist noch nicht die Zeit,
Doch Temp'raturen-Wirrnis
Lockt Samenkapseln aufzuspringen,
Aus der Deckung vorzudringen,

Bis

Nach den frühen Wärmeschüben
Es letztlich wieder schneit.

Der Lenz kam nur vorbei zum Üben -
Noch ist es nicht soweit.

FW4-Rückenansicht & das zweitausendfünfhundertdreißigste Gedicht

Potsdam Orangerieschloss Denkmal Friedrich Wilhelm IV

Alte Szenegänger

Deinen Schnurrbart - wie sollte ich den wohl versteh'n?

Über Retrotrends lässt sich manch Lösungsweg geh'n,
Doch ich stolp're noch immer ums große "Warum?",
Bin (nicht allein hierfür) zu alt-Strich-zu dumm.

Meine Anschlussschwierigkeiten -
Sie sind Anschussschwierigkeiten,
Von den'n ich mich nicht mehr erhole.

Irgendwann mag ein Schnurrbart mich wirklich erschießen -
Drum sollte ich stur die Rasuren genießen
Und zahl'n mit dem Rest unsrer Kohle.

Lej da Champfèr & das zweitausendfünfhundertachte Gedicht

Der Champfèrersee an der Oberengadiner Seenplatte im schweizerischen Kanton Graubünden.

Sinn/Sign

Die Natur aast ja manchmal mit Photoshop rum,
Als gelte für sie da kein Maß!

Ich nehm's als gegeben und ihr das nicht krumm
Und watschle auf sattgrünem Gras
Einem vermeerten Türkis-See entgegen
Mit Himmelbau sprühenden Segen.

"Sky is the limit", skandiert das Idyll
Und Design-Größen schnüren die Ranzen.

Wirf die Anmaßungsskizzen sogleich auf den Müll
Und genieße die Sinn-Resonanzen!

Blutenburgweiher & das zweitausendvierhundertsechsundneunzigste Gedicht

Am Blutenburgweiher

Im Efeu

Ich kann's Fefefischgeripp' aus dem Effeff.
Ein Hase fläzt sich mit 'nem Äffchen im Pfeffer.
Ich hatt' so 'ne Phase, da äfft ich auf Chef,
Doch gab's dies betreffend nur vier bis fünf Treffer.

I'm afraid, das ist effektiv nicht effizient,
Fänd' jeder Effendi voll Fehl evident.

Und da ja jetzt eh Ferien sind -
Ich mich als Feen-Fan neu erfind,
Eröffne ich mit Fest-Effet
Im Efeu ein African Veddel-Café.

Brahmspromenade & das zweitausendvierhundertdreiundneunzigste Gedicht

Strandbad an der Brahmspromenade Tutzing

Bottomless

Just unter dem Gürtel beginnen die Zonen
Der Poritzen und ihrer Präsentationen.
Ein schüchternes Speckbäckchen wölbig bekundet:
Ab hier wird noch auf- und sehr kräftig gerundet.

Und mit der Haut outet sich vornehme Blässe:
"Mich knebelt gewöhnlich textile Tristesse,
Doch jetzt ist's nur Sitzfläche, die noch bedeckt!"

Eh unverwandt standhaft nach oben gereckt
Sich unverhofft offen zeigt - sagen wir's barsch -
Ein prachtvoll im Sonnenlicht schillernder Arsch.

Sarawak Parlament & das zweitausendvierhundertfünfundsechzigste Gedicht

Darul Hana Bridge and Sarawak parlament in Kuching

Vor der Kehrtwende

Es offenbart
Die Fahrstuhlfahrt:
So tief kannst du jetzt fallen!

Schon will der Lift
- wohl halb bekifft -
'ne Abschiedsrede lallen.

Von unten rät ein Komödiant,
Ich soll den Aufzug nehmen.

Doch wenn schon Absturz, dann rasant -
Kein Ausblenden in Schemen.

Poolsnack & das zweitausendvierhundertsechsunddreißigste Gedicht

Antillengrackel mit Beute

Pro Probieren

Mein verpanikter Blick in Speisekarten
Flickt sich zäh sein Menu. Wie lang wird der Wirt warten?
Immer gibt es dort Worte, die mir nicht bekannt,
Ich berechne die Werte, die rechts lauernd am Rand -
All das drängelt in meine Entscheidung mit rein,
Bis zur drohenden Frage: "Was darf's denn dann sein?"

Das Spielfeld zu groß und die Felder zu zahlreich -
Den Einsatz verlier'n durch die flascheste Wahl? Leich-
ter wär's mit der Einsicht, dass man noch entdeckt

Und nicht vorab wissen kann, was uns noch schmeckt.

Cinco Palmas & das zweitausendvierhundertsechzehnte Gedicht

Varadero Beach beim Hotel Cuatro Palmas

Hengststirnigkeit bei der Souvenierwahl

„Hast du mir etwas mitgebracht,
Von deiner Zeit im fremden Land?“

„Fühl mal hier, autsch!, sachte, sacht ... -
Da schwelt ein feister Sonnenbrand!
Ein eher ärmlich‘ Souvenir,
Schien erst wohl dessen Wärme mir,
Doch ich fand, die lang vermisste
Stand fast zwanghaft auf der Liste
Dräng’ster Mängel im Daheim!“

(Denkst du jetzt „Welch Hengst von Reim!“?)

Light winds & das zweitausendvierhundertfünfzehnte Gedicht

Varadero Beach, Valle 62

Als würde ich

Als würde ich tatsächlich etwas verpassen,
Entschüd ich mich, dieses heut bleiben zu lassen
Und jenes auf irgendein Wann zu verschieben.
Als güb‘s letzte Chancen, die mir noch geblieben.

Als würd irgendwann irgendwen interessieren,
Welch Dinge mir heute halt nicht mehr passieren.

Aber ich bleibe hektisch und nehm alles mit,
Als gült‘s, etwas langfristig doch zu vermissen.
Zwar müde, doch unbeirrt geh ich den Schritt -

Als würde ich‘s nicht wissen.

Alle Rechte bei Frauke Gnadl, die das Gedicht im Rahmen der Kuba-Spendenaktion 2024 von mir gekauft hat.

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