Kienbachsenke & das zweitausendfünfhundertsiebenundneunzigste Gedicht

Der Kienbach bim Kloster Andechs

Einschlafgedicht für hartgesottene Kinder

Nächtens nächtlich' Dunkelheiten
Gruseligen Gruß bereiten,
Undurchschaubar Schauer hauchen,
Aufgeschreckte Schrecken fauchen …

Un- und heimlich formt ein Spuken
Das, was vordem Heim dir war,
Spuckt in alle Lücken Luken
Für den Eintritt von Gefahr.

Stachus & das zweitausendfünfhundertsechsundneunzigste Gedicht

Am U- und S-Bahnhof Stachus

Aus der Hüfte

Ein ewiger Pain in the Ass,
Verpackt als WG im Gesäß -
Es posaunt die Sau aus dem Po dumpf
"Boah, bin ich im Arsch!" als Triumph.

Milbertshofen II & das zweitausendfünfhundertfünfundneunzigste Gedicht

Am U-Bahnhof Milbertshofen (U2)

20 Minuten Wartezeit

Ich bin zwanzig Minuten an Buswartezeit
Ganz ohne grantig zu werden bereit,
Mit ideenreichen Schreibzeugs zu überleben.
Ich selbst stehe, schriftführend, etwas daneben
Mit dem Hauptaugenmerk auf die Zeiger der Uhr.

Nein, da lässt sich nichts drängen
Zu schnelleren Gängen,
Solche Renitenz ist mir verständlich - nur
war es halt
Schon sehr bald
Schweinekalt.

Sieh an, sieh da, da kommt der Bus -
Was er im Grunde noch nicht muss!
Knapp zehn Minuten früher kann
Ich drinnen warten - guter Mann!

Nach zehn Minuten an Buswartezeit
War dies Gedicht bereits freundlich bereit
Sich zu beenden.

Nun, ich bin sein Fan, denn
Was hätte man sonst wohl beschreiben noch sollen?

Ich war ja zur Hälfte schon fertig mit Wollen!

Milbertshofen & das zweitausendfünfhundertvierundneunzigste Gedicht

Am U-Bahnhof Milbertshofen (U2)

Unenthülltes Wunschmaß

Heut machte eine gute Fee,
Dass ich wieder gut ausseh!

"Aha, alles klar - wie viel Wünsche stand'n offen?"

Da kannst du nun nicht auf 'ne Auflösung hoffen …!

Beschaulichkeit & das zweitausendfünfhundertdreiundneunzigste Gedicht

Blick vom Kloster Andechs

Liebesmüh in Identreimen

Da ich deines Leibes Fülle
Immer mit was Liebes fülle,
Kenne ich des Lobes Fälle
Bis hin zum "Zu low!"-Gefälle.

Hartmannshofen & das zweitausendfünfhundertzweiundneunzigste Gedicht

Im Moosacher Stadtteil Hartmannshofen

Er wird's!

Ich erinnere Frühling den Winter hindurch,
Daher sprintet sein Duft ins Vertraute.
Und wie ein aus Starre sich streckender Lurch
Erkenn' ich das noch nicht Beschaute.

Mancher Vogelgesang war im Vorjahr noch Ei -
Der wähnt sich in Einmaligkeit,
Tiriliert voller Eifer sein Tandaradei -
Das versiegt in den Rhythmen der Zeit.

Ich erinnere Frühling, bis er wieder ist,
Salamander' zurück in den Glanz.

Dann hand'le ich aus, als ein Halbrealist,
Die mir übergebene Chance.

Kloster Andechs & das zweitausendfünfhunderteinundneunzigste Gedicht

Auf dem Weg zum Kloster Andechs

Der Dachdecker von Andechs

Der Dachdecker sagt täglich: "Ach,
Wenn ich die Drecksarbeit nich mach,
Leckt's an der rechten Eck vom Dach -
Und das an jedem sechsten Tag!"

Hexenkessel & das zweitausendfünfhundertneunzigste Gedicht

Hexenkessel im Biergarten bei Andechs

Mahlzeit regelt Mundart

Hexenkessel, Echsenhäcksler,
Gags von kesser Sexyness …
Wechsle nie aus Stress ins Sächseln,
Wenn ich mexikanisch ess!

Baumsterben & das zweitausendfünfhundertneunundachtzigste Gedicht

Auf dem Weg zum Kloster Andechs

Der provozierte Ruheständler

Und immer schleicht die Spießigkeit
Mit bissbereiter Fresse
Um meiner Inbrunst dünnes Kleid
Und sprießt wie bleiche Kresse.
Sie wittert etwas Kleinstgewinn
In meinen größten Nöten
Und krallt sich alles, was ich bin,
Aus unterkühlten Klöten.

Dann tanzt sie ihre Halbgar-Show
Vor vollverdummten Affen,
Die ein Verstummen vom Niveau
In keinem Kosmos raffen.

Wär sie doch nur so standorttreu,
Dass wir uns nie verqueren -
Ich wollte aus Impulse-Scheu
Mich lang schon nicht mehr wehren!
In meinem Rückzug bin ich doch
Längst weit genug gegangen ...

Die Frage "Und was wollt ihr noch?"
Hängt gut gegart im Bangen.

Grundwasserpool & das zweitausendfünfhundertachtundachtzigste Gedicht

Moosacher Badeparadies auf der Baustelle der Unterführung an der Dachauer Straß

Ripostegedicht auf "Die drei Spatzen" von Christian Morgenstern

Wenn im Frühling, zusammengeschweißt vom Eis,
Erst der Hans, dann der Franz, dann der Erich auftauen,
Fragt jeder den andern, ob er's vielleicht weiß:
"Wo zum Teufel sind unsere Frauen?"
Und jeder gibt zu, nu, er weiß grade nicht.
Das führt uns zu einem ganz neuen Gedicht:

Die drei Spätzinnen von Morgan Sternenchrist

Irene, Helene und Ines
Sagen zu sich: "Ich verdien es!"
So lang stand der Gelege Pflege
Jeglichem Entspann'n im Wege -
Diesen Winter wellnesst man,
Fliegt vom Heimgeäst von dann'n
In die Sonne Korsikas
Und ihr Chor singt: "So'n Spaß
Hatten wir schon lang nicht mehr -
Nächst' Jahr flieg'nwa wieder her!
Und es fehlten uns, ganz ehrlich,
Weder Hans, noch Franz, noch Erich!"

Die prob'n ihr'n Zusammenhalt
So Po an Po, nur schweinekalt.
Da im Warmen ihre Damen
Laben sich an Pappelsamen
Und auf Sonnenliegen liegen,
Nichts von der Saison mitkriegen,
Nein, rein
Gar nichts von ihr'n Kerls in der Kälte erahnen -
So flanieren die Mädels im Mediteranen.

"Stopp! Jeder Satz ist Betrug, denn es weiß jedes Kind,
Dass Spatzen – Strich - Spätzinnen keine Zugvögel sind!"

Gut, wer zwanghaft solchen Regeln glaubt
Halt mangels Mut sich selbst beraubt;
Zum Aufspür'n neuer Möglichkeiten
Genügt's die Flügel auszubreiten!

Doch wer mag, kann Satz für Satz parier'n -
Und friert dann fest als Spatzenhirn.

Ja, der dröge Standard fetzt sich meist
Mit dem Wandlungsvermögen vom Spätzinnengeist ...

Will dein Nest dich zum Stillstand verdammen, so wehr dich!
Oder friere - zusammen mit Hans, Franz und Erich.

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