Pražský hrad & das sechshundertfünfundachtzigste Gedicht

Blick auf die Pražský hrad

Späte Gedanken

Mir bleibt nicht die Zeit, diese Tat zu vollbringen
Schon liegt sie neben meiner Hand
Und die Extremitäten, die einst sich verfingen
Sind längst im Furor ihres Willens verbrannt

Nun hält sich die Ebbe der Unaufgeregtheit
In den Knöcheln zerschmelzt das Gelenk
Es scheue euch nicht, die ihr noch unentwegt seid
Dass ich all der Zeit als "vergangen" gedenk

Einen Plan aus den alternden Händen zu geben
Gemahnt mich an die beendeten Leben
Denen ich den Respekt einst aus Habgier versagt
Was mir als dem Nächsten nun nicht mehr behagt

Dies Endlich-an-der-Reihe-Sein
Es reiht sich einer Serie ein
Von neuer Glut auf altem Mut
Durch Zeit, die bald verloren tut

Most Legií & das sechshundertvierundachtzigste Gedicht

Most Legií

Gaslight

Die Dämmerungswärme der Straßenlaternen
Gilbt sich über Brücken in streunende Gassen
Es befähigt zum Ära und Aura Erlernen
Entgangenen Zeiten ins Antlitz zu fassen
Und jedem Laut stiehlt es die harten Facetten
Und befiehlt der modernen Welt nichtig zu sein

Es wird eine steinalte Nacht in sich betten
Als ein ewig ins Früher gerichteter Schein

Prag 2017 & das sechshundertdreiundachtzigste Gedicht

Prag Moldau Karlsbrücke

Die Moldau

Die Moldau ist ein schmiegsamer Fluss
Und ein Prager Behaglichkeit förderndes Muss
Ist ein mild dem Flaneur zugeneigtes Entrücken
Das ihn verführt zum Brückenpflücken
Jedes Nichts wird zum Ufer und pflegt den Verlauf

Und kurz hinter Prag hört der Fluss wieder auf

Hannover 2017 & das sechshundertzweiundachtzigste Gedicht

HannoverSlam 2017 Kulturzentrum FAUST

Dem Gefährten

Vielleicht lohnt es sich doch noch zu kämpfen
Hast das Leben zu früh du zu Boden geworfen
Benebelt von Schweiß und verzweifelten Dämpfen
Steht die Kirche noch rüstig und stur hier im Dorf, denn
Sie übersteht dich, übergeht dich
Auch der Rest der Welt, er dreht sich
So, als sei da nichts gewesen
Man hat nie von dir gelesen

Aber aus dem Fundament
Stahl ein Wer, das niemand kennt
Einen Stein

Der sei dein

BVG & das sechshunderteinundachtzigste Gedicht

BVG U-Bahnhalt

Berlin an guten Tagen

Berlin an guten Tagen ist
Wie wenn man warmen Honig frisst
Und Musen schmusend danach gieren
Dich, Dichterwicht, zu inspirieren
Für immerdar
Ambrosia
Und Fräuleins
Die an ungestörten
Orten sportlich unerhörten
Wohlgefallen auf dich schwallen
Selbst die U-Bahn empfängt dich mit offenen Armen
Alles spielt hier kokett nach des Zufalls Erbarmen
Ständig geküsst von Laternenschein-Milde
Schnurrt die Nacht um den Tag
Und die Nacht ist 'ne Wilde

Doch von dir werd ich immer gezwungen zu sagen
Wie Berlin ist an wen'jer gelungenen Tagen

Nun,
Nicht so gelungen. Aber das dann mal richtig!
Nur drei Tage später ist's auch nicht mehr wichtig

Karl-Marx-Allee & das sechshundertachtzigste Gedicht

Karl-Marx-Allee

Ich bau' dir ein Schloss

... ans Ende der Karl-Marx-Allee!
Wär' das nicht der aller Entrées ihr Entrée?
Ein jeder käm' uns noch von sonstwo entgegen
Um nur einmal sich dortlängs hinfortzubewegen
Alles pro Promenieren und Boulevardieren
Per flachem Flanieren dem Trott trottoiren

Und halt manchmal auch einfach nur gradwegs spazieren

Mit Upgrade-Gezwirntem mittenmang
Wer sich geh'n lässt, ergibt sich dem Droschkenzwang
Hei, da grüßt schon recht stramm die Strausberger Garde
Man hält sich an Restkandelabern gerade
Und im bersteinrostgoldenen Lichtergewühle
Beschleichen uns schlendernd noch Torschluss-Gefühle

Da fühlt sich der Streuner wie ein Burgherr in spe
Auch wenn hier kein Schloss steht – Kerl, wat'n Entrée!

Marienplatz & das sechshundertneunundsiebzigste Gedicht

Marienplatz

Kant

Ist Ihnen bekannt, dass Immanuel Kant
Imma ma' schnell in Kantinen verschwand?
Denn einmal darinnen,
Konnt' Kant dann von innen
Verkannte Esser viel besser versteh'n:
"Mann, imma nur Nudeln – ich kann's nimma seh'n!"

Herbsterben & das sechshundertachtundsiebzigste Gedicht

Herbstlaub

Ein Letztes

Dieses Feld trägt noch immer die Sonne
Doch es hat sich im Kopf schon getrennt
Es strahlt in der üppigsten Wonne
Die sich in sich selber verbrennt
Noch wabert die fröhliche Zeit
Im frecher fröstelnden Dunst
Schon greift vom Waldrand aus weit
Des Winters grobe Kunst
Der malt ohne Farben
Schon löscht er, was bunt
Wir jedoch haben
Noch ohne Grund
Angst ums Jetzt - es
Hält sich matt
Manch letztes
Blatt

- Mehr Herbstgedichte -

Kochelseesteg & das sechshundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Kochelseesteg

Rosen

Es ist, einmal enttarnt, der gewöhnlichste Duft
Nur er schlüpft als exotisches Ahnen
Und verfolgt deine Sinne als zähester Schuft
Er verhöhnt deine Freude als zahnen-
Des Sehnen nach etwas mehr Orient und so
Auf leicht zu becircendem Glaubensniveau
Dass du, Haremsberechtigter, schlürfst erste Dosen ...

Doch all dein Verlangen begnügt sich mit Rosen

Seeweg & das sechshundertsechsundsiebzigste Gedicht

Weg zum Kochelsee

Vorerst

Vielleicht werd ich der Welt mal erzählen
Von niemals vollendeten Plänen
Von nicht eingeschlagenen Pfählen
Und früh ausgefallenen Zähnen

Vorerst sag ich "game over" und steh auch dazu
Im Endeffekt hört ein'm ja eh keener zu

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