Kunst & Inbrunst

Gedichte zur Kunst und der künstlerischen Inbrunst nebst dem entsprechenden Leiden.

Isarflößer & das eintausendsiebenhundertzwölfte Gedicht

Mittenwald Flößerstatue

Wider Ornamente

Zu Ich!-ig, zu masse-lig
Sicherlich muss man sich
Nicht entscheiden
Für eines von beiden.

Doch öfter als gelegentlich
Kann ich beides gleich nicht-leiden.

Bald erscheint es mir, ich hasse
Jedes Ornament der Masse,
Drauf bespicke ich mit Tadeln
Sich im Chic des Selbsts zu adeln.

Doch von beiden sich zu trennen,
Kann ich als ein Ziel erkennen.

Schlossteich Hohenburg & das eintausendsiebenhundertste Gedicht

Schilf am Schlossteich Hohenburg bei Lenggries

Die Ruhe im Frieden

Antonius Block spielt Schach mit dem Tod
Und entschließt sich dazu zu verlieren.

Auch du warte nicht auf das höchste Gebot
Und geh ungekürt,
Weil sich's nicht gebührt,
Nach machbaren Siegen zu gieren.

Gipfelfoto & das eintausendsechshundertsiebenundneunzigste Gedicht

Blick auf das Gipfelkreuz vom Grasleitenstein bei Lenggries

Zeitungsjunge

Ach, immer bin ich Typenbild
Und wär so gern Portrait,
Dem Achtung als Beachtung gilt
Auch ohne Assemblee!

Ein Große-Gruppe-Linienstrich
Vereinnahmt mein Gesicht,
Entschuppt so rigoros mein Ich
Zum namenlosen Wicht.

Ich steh hier für den Rest Modell,
Ich werd für ihn platziert,
Bin überindividuell,
Vom Abbild ausradiert.

So werde ich dann dargestellt,
Wie ich mich gar nicht seh,
Als ein Charakter jener Welt,
Doch niemals als Portrait!

Angelsaisonstart & das eintausendsechshundertsechsundachtzigste Gedicht

Anglerboot auf dem Walchensee

Fünfte Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Corona-Plauze, Olivenschiffchen, Quetzal, Granteln, Gendersternchen, Wetten Dass und Reizarmut.

Olivenschiffchen

Wie viel Stück Olivenschiffchen
Benötigt der Haushalt vom Menschenverstand?

Eins, um stilecht aufzutischen,
Ein weitres zur Pflege vom Faible für Tand,
Zwei, um für beide Ersatz zu besitzen,
Drei mit zur Fruchtgröße passenden Schlitzen -
Von jenen empfiehlt's sich, die gängigsten Farben
(im besten Fall sechsfach) auf Vorrat zu haben!
Und hat man mal keine Oliven im Haus,
So zieht man sein schlitzloses Schiffchen heraus.

Wenn nun jemand fragt: "So viel Schiffchen - weswegen?
Ich esse Oliven vom Glas aus der Hand!"

Es gilt, kleine Dinge als Schätze zu pflegen
Als zwingende Vorschrift vom Menschenverstand.

Benediktbeuern & das eintausendsechshundertzweiunddreißigste Gedicht

Blick auf das Kloster Benediktbeuern

Mein Wüten

Ich pfleg ein mir suspektes Ich:
Mal Citoyen, mal Alarich,
Mal brüstet, mal versteckt es sich,
Erst langweilt, dann erschreckt es mich,
Rast ungebremst, steht felsenfest,
Umfläzt vom Flair "Is nur ein Test".

Werd ich mir je verbindlich sein?
Die Chance ist verschwindend klein.

Weißblauweiß & das eintausendsechshundertdreißigste Gedicht

Auf dem verschneiten Moorweg 1 in Benediktbeuern

Auf einen Tee bei von Unverbesserlich

Wie schwerfällig die Zeit sein kann,
Sobald sie auf dich trifft!
Die Leichtigkeit entweicht und dann
Schwärmt Leere aus wie Gift.

Die Unterhaltung auszuhalten,
Schwör ich mir jedes Mal -
Schon graben deine Sorgenfalten
Ein gnadenloses Tal.

Wend nun auch ich mich von dir ab,
Da alle Welt schon ging?

Ach, was - wenn du dran Spaß hast, grab!
Ich weiß, das ist dein Ding.

Telemilla & das eintausendsechshundertvierundzwanzigste Gedicht

Mein wartendes Mikro im Milla Club München

Erste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Yoga, Serienbingen, Netflix, Geschwurbele, E-Mobilität, Marilyn's Army, Hochzeitsfotografen und Fanfiction.

Marilyn's Army

Wir wurden in die Arsenale bestellt
Für den Sturm auf die Charts einer anderen Welt,
Wir haben gewetzt und geschliffen.

Wir stimmten uns ein,
Immer lautstark zu sein,
Haben früh auf Besoldung gepfiffen.

Wir sind vielleicht längst schon die Letzten an Bord
Doch erfüllen verlässlich im Trance den Akkord,
Seit man uns für Verschworenheit bucht.

Gescheiterte zwar,
Gleichwohl immer noch da -
Vom Punkrock beschenkt und verflucht.

Vom Traum, alles & das eintausendsechshundertvierzehnte Gedicht

Die Skulptur "Vom Traum, alles hinter sich zu lassen" von Andreas Kuhnlein  in der St. Josephskirche in der Maxvorstadt

Erfolg

Bislang hat dir alleine der Raum zugeschaut,
Man ist an dir vorüber gehypt
Und das Publikum hat eine Mauer gebaut,
Die unüberwindbar verbleibt.

Dessen Ignoranz feiert im Graben ein Fest,
Bei dem man beherzt für sich selbst applaudiert.
Man zeigt sich erkenntlich und denkt sich den Rest,
Sitzt da und toleriert.

Mittlere-Isar-Kanal & das eintausendfünfhundertachtzigste Gedicht

Brücke über den Mittlere-Isar-Kanal bei den Ismaninger Fischerteichen

Vor der Zielgeraden

Wir sind so weit gekommen, dass das Ziel uns beschämt
(dabei sind wir längst merkwürdig desint'ressiert).
Die Beschwerlichkeit hat unsern Eifer gezähmt,
Wir wittern den Endspurt, wie paralysiert.

Lass uns umkehren und unsern Irrtum erkennen -
Nach Diktat legen hehrste Motive sich wund!
Wir können ab heut alles anders benennen.
Wir reisten aus einem vergessenen Grund.

U1 Westfriedhof & das eintausendfünfhundertsechsundsiebzigste Gedicht

Der U-Bahnhof Westfriedhof in München

U-Bahnhof Westfriedhof

Am U-Bahnhof Westfriedhof stehe ich
Ein Stockwerk unter den Toten.
Als Philosoph verschmäht man sich -
Ich verpass mir die schlechtesten Noten!
Hier loggt sich die Endstation doppelt ein,
Uns buntbeglast zu erhellen,
Stoppt dich in der Verlockung, dein
Wirken über die Toten zu stellen.

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