Achtzeiler

Leaving Amsterdam & das hundertundsiebte Gedicht

Amsterdam

Der Zeitplan drängt und man lässt überall halb erledigte Städte zurück. Was man nicht alles nicht schaffen kann ...

Das Ungeschriebene

Im Keller der Versagerträume
Stieß ich heut auf Lagerräume
Dort steckt das Verbliebene
Von mir Ungeschriebene

Du musst bereit sein
Diese Lager zu räumen
Teil dir die Zeit ein
Und hör auf zu träumen

Amsterdam & das hundertunddritte Gedicht

Grachtenhäuser

Weiterhin mit gewogenen Grüßen aus Amsterdam.

Die Schweigenden

Diese Häuser, sie hecken wahrscheinlich was aus
Wie sie konspirativ aneinander sich schmiegen
Zärtlich beneigt, als sei Plan ihres Baus
Zum Zweck der Gemeinschaft die Balken zu biegen

Wir sollten jetzt nicht mehr von Zufällen sprechen
Wenn etwas herabfällt, wenn Dächer zerbrechen
Es gibt diese Pläne, sie breiten sich aus ...
Von Giebel zu Giebel, von Haus zu Haus

Leaving Potsdam & das achtundneunzigste Gedicht

Potsdams Park Sanssouci

Und noch ein letztes lyrisches Mitbringsel aus Potsdam.

Im Garten

Das alles hier hatte mal einen Namen
Fest verstrebt pferchten Lettern den Grundbesitz ein
War'n dem Platz in der Welt jener nötige Rahmen
Um zeitlich befristet ein Ich-Reich zu sein

Nun nistet ein Schwalbenpaar in diesem Bogen
Der war vielleicht mal ein O, war vielleicht Konsonant
Wohl zig mal bebrütet, noch öfter durchflogen
Stand hier mal ein Name, den jemand gekannt

Aarebrücke & das sechsundachtzigste Gedicht

Aarebrücke Olten

Auf dem Weg zur Schützi Olten. Der Fluss summt Simon & Garfunkel.

Bridge, trouble, water

Was weiß denn das Wasser vom Trouble der Brücke?
Vom zähen Verankern auf beiderlei Seiten
Vom Dinge Verbinden, vom Schließen der Lücke
Vom Menschen zu anderen Ufern Geleiten

Selbst massiges Gleiten
So stur wie bedächtig
Strömt es durch die Zeiten
Und glaubt, es sei mächtig

Tourblues & das vierundachtzigste Gedicht

Isarauen

Und schon wieder auf Achse. Beim Aufbruch schon Heimweh. Na, Gottseidank geht's in die immer vergnüglich stimmende Schweiz - das mag uns Gedichte folgender Strickart ersparen (die nach der Strickart Zwei zufällig ausgewählte Anfangszeilen weiterschreiben im Dienstagsslammer Workshop aus mir purzelten):

Die Dahlien 2.0

Immer, wenn die Dahlien blüh'n
So spät im Jahr noch frisches Grün
Blick' ich verdutzt
Aufs schlecht genutz-
te, nun schon fast vergang'ne Jahr
Und frag' mich, ob es nicht vielleicht
Nicht jetzt erst, da die Zeit mir weicht

Von Anbeginn verloren war

Rathen-Wehlen & das sechsundsiebzigste Gedicht

Bahnhof Stadt Wehlen

Irgendwo zwischen Rathen und Wehlen geschrieben, mit Schlamm am Schuh und Blick auf das Elbsandsteingebirge. Am Bahnhof Stadt Wehlen fotografiert, Selfie 2.0.

Wild West

Hier liegt die Prärie meiner Inspirationen
Ich weiß, dass da tausend Gedichte drin wohnen
Doch manchmal ist's so, dass - zu meinem Bedauern
Ihn'n all meine Worte vergeblich auflauern

Du fragst, ob an solch' Waidmannsleid ich mich störe?

Das gleitende Schreiten der Dichter-Flaneure
Zieht auch im leeren Schritt und Tritt
Sich stets ein Bild der Wildnis mit

Albertplatz & das vierundsiebzigste Gedicht

Dresden Kästner-Museum

Beim x-ten Dresden-Aufenthalt immer noch keinen Besuch des Kästner-Museums am Albertplatz eingebunden. Aber der Skulptur mit dem Zitat aus "Als ich kleiner Junge war" einen kurzen Besuch abgestattet.

Als ich ein kleiner Junge war

Als ich ein kleiner Junge war
Hab ich selbiges Buch Erich Kästners gelesen
Der war zwar selbst schon nicht mehr da
Und ist dennoch mir irgendwie nahe gewesen

Solltest du, Bub, im Papier mal verweilen
Da ich längst geworfen vom Rappen der Zeit
Schnapp dir die Zügel der passendsten Zeilen
Gib Spuren die Sporen, blick vorwärts und reit!

Essen & das einundvierzigste Gedicht

Essen die Einkaufsstadt

Einkaufsstadt, aber nicht käuflich. Auch im dicht besetzten Tourplan für dieses Jahr muss meine Geburtsstadt damit rechnen, dass ich einige Male in ihr Station mache. Ein schöner Anlass hierfür ist immer wieder, wie auch gestern, der stets ausverkaufte Grend Slam.

Der Stalker

Wie Essen vergessen? Das Grend, die Band
Die Stadt, in der man alle kennt
Die Parties mit den Diamanten
Die An- und Ab&Zu-Verwandten
Wo immer noch vorhält, was ich einst besessen
Wie sollt' ich, oh Essen, all dies je vergessen?

Beim Chef beklagte sich die Stadt
Dass sie vor mir nie Ruhe hat

Hofgartenblues & das achtunddreißigste Gedicht

Im Wiener Hofgarten

Man sollte Wien nicht verlassen, wenn man bislang dieses stimmungsvolle Städtchen nur mit purer Quatsch-Dichtung bedacht hat. Habe ich dennoch getan. Hier nun meine postbesuchige Wiedergutmachung:

Vorfrühlingsmelancholie

Die braunbegrauten Astkorallen
Der herbstzeitvergessenen Großstadtallee
Sie spür'n in ihren Wurzelballen
Die ersten Signale an Knospen-in-spe
Es lässt die Gewissheit von Blühen und Sprießen
Sie schweigsam die Tage des Aufschubs genießen

Denn wenn Dorn und Rösschen erst aufgewacht sind
Ist der Wandel vorbei

Und das Sterben beginnt.

Museale Vortragsäle & das dreiunddreißigste Gedicht

Buchheim Museum

Heute die ersten Auftritte jener Art gemacht, die von meinem Abschied von der Slam-Bühne nicht betroffen sind - also auch 2017 würden stattfinden können: Eine Show ohne Wettbewerb zur Picasso-Ausstellung im Buchheim Museum und ein Auftritt als Gast bei den Schwabinger Schaumschlägern. Das Spontangedicht gibt Ausblick auf die in Kürze anstehende Schweiz-Tour, vielleicht von dem überraschend üppigen Schneefall inspiriert:

Im Buchheimmuseum zu Bernried

Neun Tage vor Bern heut' in Bernried gelesen
Das ist eine ganze Spur näher gewesen

Um jenes sich die Aare schlängelt
Zu jenem man von Starnberg drängelt

Im hochverehrten Publikum
Ging alsbald dann ein Murren um

Denn

Man fand, das war genug Reim
Und schickte mich samt Buch heim.

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