Grusel

Mysteriöses, Düsteres und Unheimliches. Gruselgedichte!

St. Agapitus & das eintausenddreihundertvierunddreißigste Gedicht

Statue von St. Agapitus im Dommuseum Mailand

Kinderreim (die Guten aufs Töpfchen, den Schlechten vors Köpfchen)

Im ganzen Land
Ist wohlbekannt:
Das Kind, das seine Eltern schlägt,
Das kriegt die Hände abgesägt.
Und fängt es dann zu schimpfen an,
Ist gleich hernach die Zunge dran!

Doch wenn ein Kind sich gut beträgt,
Wird's auch von keinem angesägt
Und ist bei jedermann beliebt.

Wie schön, wenn's art'ge Kinder gibt!

Schlachtspiegel & das eintausendzweihundertsiebenundachtzigste Gedicht

Völkerschlachtdenkmal Leipzig

Der Umtrieb

In meinem Schuh wächst graues Moos,
Sein Kniegelenk bebt stumm.
Wo bleibt die Zielgerade bloß?
Was treibt mich wieder um?
Ich wink' die Welt an mir vorbei -
Auf mich soll niemand warten,
Und klaube aus dem Zehenbrei
Verfaulte Handgranaten.

Wenn ich heut nicht nach Hause find',
Werden andere Ziele besehen.

Ich bleib', bis ich mich überwind',
Wie angewurzelt stehen.

Eibseetotale & das eintausendzweihundertfünfundsiebzigste Gedicht

Blick von der Zugspitze auf den Eibsee

Vier Zeilen Neid, vier Zeilen Skepsis

Als schützten dich milde Barrieren,
Staut das Grauen sich vor deiner Welt.
Noch lässt sich ein Zutritt verwehren,
Noch stützt, was entgegen gestellt.
Doch die Unbändigkeit der Bedrohung
Spürt, dass Kraft sich bald lautstark entlädt.
Und du alterst in jene Verrohung,
Die ungerührt schon nach dir späht.
Auch ich fühlte einstmals mich sicher,
Auch mir hielt ein kindlicher Deich
Mein niedlich geblümtes Gekicher.
Nun bin ich von Unglück so reich.

Nun, als zahmer Täter schlüpft dein Los
In kleidsame Versprechen.
Doch hält es all die Zügel bloß,
Um später auszubrechen.

Glentleiten & das eintausendzweihundertvierundfünfzigste Gedicht

Schlafzimmereinrichtung im Freilichtmuseum Glentleiten

In den finsteren Häusern

In den finsteren Häusern sind nur Leichen zu Gast,
Dunkler Dunst schwärzt das Herz der Laterne.
Ich habe die Chance zum Absprung verpasst,
Aber dir, Spatz, viel Fun in der Ferne!

Kastanie & das eintausendzweihundertneununddreißigste Gedicht

Alte Kastanie am Horster Hof Heinsberg

Zweites vierzeiliges Vielfaltgedicht (Zu Zeiten, da uns Falten fehlten ...)

Viele altern ohne Falten,
Schockerstarrt vom Botox-Sod.

Gott erhalt' die Schrumpel-Alten -
Die hier seh'n ja aus wie tot!

Adalbert & das eintausendzweihundertfünfunddreißigste Gedicht

Auf der Adalbertstraße in der Maxvorstadt

Der Alp

Ein Alptraum hat sich in das Sofa gesetzt
(und er wird sich nicht weiter erklären),
Hat sich schon zu Mittag mit Zweifeln vernetzt,
Die entzündlich in Platzdeckchen schwären.

Er spricht nicht mit mir, sondern brüllt nur herum,
Kritzelt Skizzen bedrückendster Klarheit.
Doch jedwede Frage belächelt er stumm
Und behechelt den Zugang zur Wahrheit.

Ein Alptraum streckt anmaßend sich in den Raum,
Fläzt sich in die gemütlichsten Kissen.
Noch hält sich die Szenerie halbwegs im Zaum
Und es wurde noch niemand gebissen.

1.200 & das eintausendzweihundertste Gedicht

Frühlingspracht in Weimar City

Dorfstraßen

Und doch können solch Dorfstraßen todbringend sein,
Man möchte es gar nicht vermuten.

Kaum lullt dich der Leerstand der Läden hier ein,
Schon musst du in einer Tour bluten.

Wer wäre da nicht unentwegt schwer gefährdet?
Doch du willst Gelassenheit strahlen!

Vielleicht hat dich grad eine Ahnung geerdet.
Ein Irgendwer muss heute zahlen.

Davoser See & das eintausendeinhundertsiebte Gedicht

Davoser See

Den Toten vom Bodensee

Der Winter lässt den See wie verkleinert entglänzen
Und die Schwimmer - wie immer - zumutiger werden,
Die dann derart entlernt in der Ferne auf Erden
Ozeane durchkraul'n im Vertrau'n neuer Grenzen.

Schelmisch grüßen die Felchen some Leichenimporte
Und genüsslich triumphert ein Wasserhuhnflöten:
Es schluckt gluckernd global unentwegt unser Töten!
Ob zu anderer Zeit, ob an anderem Orte ...

Kroko & das eintausenddreiundachtzigste Gedicht

Krokodil am Yalla Nationalpark

Die Entscheidungskinder

"Hängst du heut die Leiche ab?", hat Mama gefragt.
"Mach's doch selber", mault' der Knab, "wenn's dir nicht behagt!"
"Willst du wieder mir zuwid're Widerworte geben?!
Ganz wie der Papa? Mein Kindchen, häng dich doch daneben!
Du versprachst, den kalten Mann baldigst zu entsorgen!"
"Mach ich auch!" "Dann sag mir, wann!" "Weiß nicht. Vielleicht morgen."
"An dem Haken könnte längst schon eine Lampe hängen -
Nacht und Tag werd ich dich, Sohn, zur Entscheidung drängen!"

Yalla & das eintausendneunundsiebzigste Gedicht

Leopard im Yalla Nationalpark

Leopards

Durchs Gestrüpp huscht ein Schatten gefährliches Sein
Als ein mahnendes Ahnen: Du bist nicht allein
Und durch Reißzähne zischeln sich düstre Geschichten

Hier horten sich Handstreiche, dich zu vernichten

Du kannst hier nur zurück und vor
In deinem schmalen Korridor
Und beiderseits entleert sich Wald

Und jederherz schweigt sehr sehr bald

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