Erde

Verse für die Melancholiker, denen man Erde, Herbst, Abend, Erwachsenenalter zuordnet.
Die besinnlichen und leisen Gedichte.
Von Aphorismen bis zur Vanitasdichtung.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Seehausen & das fünfhundertneunzehnte Gedicht

Seehausen am Staffelsee

Der Versuch

Hätt' ich ein paar Tage nur mehr im Jahr
Und ein paar Jahre mehr fürs Gesamte vom Leben
Baut' ich mir ein Schloss für dich, zeigt' drauf: "Guck, da!"

So zeig ich, du siehst nichts, ich seufze: "Ja, eben!"

Museumsinsel & das fünfhundertsiebzehnte Gedicht

Museumsinsel

Heilige Stadt

Bleib du noch Idylle
Für einen Moment
Der mich vom Gebrülle
Des Nahenden trennt
Bleib du jene Stille
Vorm vorletzten Schritt
Mich kräftigt kein Wille
Ich bitt' nur, ich bitt'

Mono & das fünfhundertfünfzehnte Gedicht

Englischer Garten Monopteros

Der Turm und die geteilte Freude

Du wolltest noch erzählen
Von Zielen größ'ren Werts
Von Wegen, die zu wählen
Und spürtest nur: "Wen schert's?!"

Du wolltest nicht verstummen
Doch alle Welt schien taub
So blieb dir nur zu brummen
"Ich geh dann, mit Verlaub!"

Du wolltest immer teilen
Die Ernte deines Glücks
Verzweifelt klang bisweilen
Dein "Schau, da hängt's doch - pflück's!"

Du wolltest hinterlassen
Und warst doch längst enteilt
Dir bangt, du wirst erblassen
Im Glück, das ungeteilt

Du solltest nicht der Freuden
Verdopplung ihres Werts
Noch weit're Zeit vergeuden
Sag selber mal: "Wen schert's?!"

Winterpause & das fünfhundertzwölfte Gedicht

Eschwege Niederhone

Der Geschmack des Ungereiften

Es scheint die Bläue des mittleren Himmels wie gerade neu geschlüpft
Vom Winter bebrütet, den Übermut preisend und fesch sich ein Platz zwischen Wolken erhüpft
Eskortiert es den ersten Sonnenstrahl, der in diesem Jahre zählt
Und aufdringlich die trägen Samen aus ihrem zähen Schlafe quält

Schon säugt das kecke Vorhutblau die daseinsscheue Ahnung
Und all das "Freu dich nicht zu früh!" - es gilt nicht mehr als Warnung

Schillerdenkmal & das fünfhundertneunte Gedicht

Schillerdenkmal München

Endlich ein Gedicht mit prominentem Herz/Schmerz-Reim! Ich bremse für niemand.

Der Einarmige

Habe mich im Netz verfangen
Und zu weit von dir entfernt
Trübnis, die wir niederrangen
War da wieder schnell erlernt

Was an kleinen Toden das Leben bestichelt
Entspringt oft der eigenen Hand
Die, bis zur Schulter abgesichelt
Ich nachts im Keller fand

Wir geben oft mehr als wir müssten
Ersparen uns auch keinen Schmerz
Verschwenden die Zeit so, als wüssten
Wir nicht um das eigene Herz

Wilder Kaiser & das fünfhundertsiebte Gedicht

Wilder Kaiser

Nach dem Vorsatz

Nach einem Resthauch Eleganz
Späht's aus dem alten Leib
Ich wed'le ihn zum Zeitvertreib
Durchs erste Meer von Ranz

Doch die Sonne in Wintern bleibt nie lang
Da empfiehlt's sich, man hängt sich an Treues
Kein Januar schenkte uns je wirklich Neues
Alles geht seinen stetig verlangsamten Gang

Silvesterjetlag & das fünfhundertste Gedicht

Buckelwal vor Maui

Ein Jahr (Slam-Danking)

Was bleibt am Ende von 'nem Jahr
Das anders als die andern war?

Buckelwale und Lemuren
Hinterließen ihre Spuren
Aras, Fahrradfahrten, Strände
War'n ein Paradiesgelände
Metropolen, Lieblingsstädte
Klar, ich wünschte mir, ich hätte
Etwas mehr Zeit dort verbracht
Als 1 Tag und eine Nacht
So fiel jeder Abschied schwer
Dafür, Slam, mein Dankesehr!

Tortuguero & das vierhundertneunundneunzigste Gedicht

Tortuguero River

Menschen am Fluss

Und alle haben hier ein Boot
Zumindest im Gedanken
Poetisch preist der Entenkot
Die Ahnen, die ertranken

Und immer fährt wer weit hinaus
Um irgend Glück zu finden
Und lässt zurück ein leeres Haus
Um das die Wellen winden

Das Beobachten ist uns als Wesenszug eigen
Wir verfolgen die Pegel bei Regenguss
Halten Ausschau danach, welche Schiffe sich zeigen
Nur so bleibt man einer der Menschen am Fluss

Nullbalkenparadies & das vierhundertsiebenundneunzigste Gedicht

Rincon Playa

Null Balken Ewigkeit

Das meiste der Welt findet hier gar nicht statt
Ich bekomm' hier noch nicht mal 'n Handysignal
Und doch gibt's hier Arten und Daseinsdruck satt
Erscheint ob der Vielfalt so vieles egal

Bald werd' ich mich wieder bei Facebook einloggen
Mir für einen Link-Wink die Seele ausbloggen
Als hätt' ich es nicht hier - fast schwelgend - genossen
Den Wellen zu lauschen
Dem schäumenden Rauschen
Im Off von den Strömen der Daten umflossen

Sirena & das vierhunderteinundneunzigste Gedicht

Tapirmutter mit Jungem im corcovado NP

Wem man so am Strand begegnet.

Im Tapirquartier

... - da sahen wir ein Paar Tiere
Zwar irg'ndwie erwartbar, schrie's in mir: "Tapire!"
Ich konnt' sie vor mir atmen seh'n!!!

Und mehr ist dann auch nicht gescheh'n

Doch der Umstand, wie nah mir der Tapir war
Schien fast zu erfordern, dass sonst nichts geschah
Uns hätt' ein Szenario, das besser bewacht
Wohl niemals so nah zueinander gebracht

So dass ich als das, was ich darf, akzeptiere
Ein ganz knapp vorm Dasein im Schlaf der Tapire

Manchmal ist ein großes Ziel
Im Erreichtsein sehr subtil

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