Dutzendzeiler

Soukcat & das eintausendachthundertsechsundsiebzigste Gedicht

Schlafende Katze im Souk von Essaouira

Schlafbedarf um zäh vor zehn

Wie eine alte Haustürmatte
Liegt mein Körperfaul im Bett.
Es kontrastiert die Morgenlatte
Zum Grundgefühl "the earth is flat".

Bin rückdatiert auf Mittennacht,
Von Schlafbedarf durchraucht.
Vom All, das vor mir aufgewacht,
Ein Rundumlärmen faucht.

Der Morgen hechelt: "Nun musst du
Auf eignen Beinen Steh'n!"
Ich hab nur keinste Lust dazu -
So elend, zäh vor zehn!

Ait Benhaddou & das eintausendachthundertdreiundsechzigste Gedicht

Ausritt

Mein Kamelreiterschatten schwebt
Über das wärmste Orange,
Da statt Wüste die Milde lebt -
Sanft verrührt zur pastelligen Wohlfühlmelange.

Die Abendsonne zähmt ins Schnurr‘n:
Grellness und Dürre wie Hitze.
Sie schlurfen träge in den Spur‘n
Des Biests, das ich besitze.

Mein Kamelreiterschatten rauscht
Zum Rückweg mondbemalt.
Das Lichterspiel hat ausgetauscht
Und meine Seele strahlt.

Sahara & das eintausendachthunderteinundsechzigste Gedicht

Saharadünen bei Erg chebbi

Crossing Sahara

Wüste schmeckt man immer im Gaumen
Als vom Boden reflektierter Staub.
Es drückt der entgrünende Daumen
Die Kehlen mit Flüssigkeitsraub.

Ein Flimmern massiert unsre Schläfen
Und das Licht grellt sich tief in den Leib;
Verdorrt sind der Schleimhäute Häfen
Und die Zeit zäht sich durch den Vertreib.

Eine Gastfeindschaft hat sich hier fest etabliert,
Die ist nur an Auslöschung interessiert.

Man schmiegt sich in Benommenheit,
Da alles „Nicht willkommen!“ schreit.

Charles de Gaulle & das eintausendachthundertneunundvierzigste Gedicht

Flughafen Charles de Gaulle

Die Abfahrt

Bin ganz berauscht vom vollen Down,
Vom Speed der halsbruchnahen Fahrt,
Will aus dem Schlund mehr Tempo klau‘n,
Der Anschub pusht den Schwerpunkt zart.

Der zähe Aufstieg flieht in Kürze,
Verzehrt vom Spleen der Ignoranz,
Den Mären schon erfolgter Stürze
Entflieh ich mit Gourmet-Rasanz.

Nutzlos pendeln die Pedalen,
Die kühl in Pension geschickt,
Windgepeitscht fühl ich mich strahlen,
Da die Weite weiter kickt.

Kloster Fürstenfeld & das eintausendachthundertachtzehnte Gedicht

Kloster Fürstenfeld

Sechste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Schnitzelbrötchenverleih, Riesenrad, Scheißwetter, Geheimratsecken, Megastau und Ghosting.

Die Stauenden

Wir riechen schon den Vordermann,
Denn kriechend geht es hier voran,
Und der Verlust von Zwischenräumen
Lässt uns vom Entwischen träumen.
Und doch fällt's nicht schwer einzuseh'n:
Die Welt hält uns an stillzusteh'n.

Die Stoßstangen brüsten sich keiner Berührung
Als Choreographen der Stabilität -
Gemeinsame Einsicht trutzt jeder Verführung. -
Es wird nicht verzweifelt, es wird nicht krakeelt.

Und stillschweigend neigt sich ein billiger Lohn
Mit Namen Zivilisation.

Sommertollwood & das eintausendachthundertsechzehnte Gedicht

Blick vom Sommertollwood auf den Münchner Fernsehturm

Sechste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Schnitzelbrötchenverleih, Riesenrad, Scheißwetter, Geheimratsecken, Megastau und Ghosting.

Scheißwetter

Es kotet wie aus Kübeln,
Es dünnpfeifft Bierschiss-Strahlen -
Ein Stinkgebräu aus Übeln
Lässt Kotzgelüste prahlen.

Ein Rosenknotenafter sprüht
Als grässlicher Diffuser,
Derweil er neuen Kack aufbrüht -
Zum Guss auf mich, den Loser.

Ich hört', s'würd heuer sich beschwert,
Es fiele zu viel Regen.
Mich fragt, vom derbsten Scheiß geteert:
"Ihr grämt euch? Echt? Deswegen?"

Monacorömische Brunnen & das eintausendachthundertdreizehnte Gedicht

Römische Brunnen an der Universität München

Pionierszahnweh

Vom Volldampf ins Gedämpfte,
Der Blick auf das Erkämpfte,
Das sich dem Zierrat all der Mühen entblößt,
Dem Früher, an dem sich die Lässigkeit stößt,
Die nun trefflich negiert,
Was vordem ist passiert.

Die Frage ist, was trennt dich
Vom neuen Selbstverständlich:
Dass alles diffus durch den Endspurt spaziert,
Sich niemand für Routen und Mut in'tressiert?
Dein Weg ist nun mal
Nunmehr museal.

Ammerseeleu & das eintausendsiebenhundertvierundachtzigste Gedicht

Statue am Ammerseeufer bei Herrsching

Dem Leerstandsmanager

Ein leiser Gruß an den Kollegen
Vom Leerstandsmanagement,
Den all der brachen Flure wegen
In Tanzbars niemand kennt.

Doch Wohneinheiten muss man streicheln,
Wenn Einsamkeit dort trübt,
Die Wasserhähne hart und weich stell'n -
Ein Handgriff, eingeübt.

Der Makler*innen Waisenkinder
Führ'n ein entleertes Leben -
Drum muss es stille Ödnis-Linder
Wie den Kollegen geben.

Sudelfeld & das eintausendsiebenhundertzweiundsechzigste Gedicht

Im Sudelfeld unterm Wendelsteingipfel

Mit dem falschen Bein Aufstehen

Mir tut mein falsches Bein heut weh
Und ist auch gar nicht, wie ich seh,
Wie mir versprochen amputiert -
Man fragt sich "Was'n da passiert?
Wie kam denn wohl das abpe Bein
Zurück in meine Hüfte rein?"

Der Plan, mich beinfrei auszuruh'n,
Beginnt nun frech mir wehzutun.
Phantomschmerz als Gefahr war klar -
Doch nicht so einmal hier, mal da -
Das ist mir alles zu abstrakt:
Gleich morgen wird es abgehackt.

Aussichtsschemen & das eintausendsiebenhunderteinundsechzigste Gedicht

Ausblick von Neuhütte / Seeberg ins Ursprungstal gen österreichische Alpen

Der Hühnergott

Etwas so Wagloses Leben zu nennen,
Mag Euch zwar bedenkenswert sein -
Nur um so maßloser werd ich bekennen:
Solch Radius wär mir zu klein!

Ich muss dieses Restdasein etwas erleben
Und schließ keine weitren Verträge,
Gieß Lautstärke ein, eh wir Gläser erheben -
Ihr kontert mit Nervengesäge!

Und so etwas Wagloses Leben zu nennen,
Mögt ihr für erwägenswert halten -
Ich stampf ein Kawumms zwischen gackernde Hennen:
Für die Alten bleibt alles beim Alten!

Seiten

RSS - Dutzendzeiler abonnieren