Einakter

Alles, was die zwölf Zeilen überschreitet - aber auch noch nicht an die Länge der Slamgedichte/die Vortragsdauer von drei Minuten (oder mehr) heranreicht.

Lenbachhausfassade & das zweitausendzweihundertfünfundvierzigste Gedicht

Die Fassade vom Lenbachhaus

Frische Nächte

So vieles ist schon im Verschwinden
Und für dich ist's gerade erst da.

Einer Euphorie fehlt es an Sinn, denn
Vorm Toast und Trost spricht ein Babar.

Dein Erfinden wär höchstens Bewahren
Und der Zweifel nimmt ganz vorne Platz -
Den juckt's nur so vor Kommentaren.

Und nach reiflicher Abwägung hat's
Schon genug an erneuertem Anlauf gegeben
Für unüberblickbare Massen an Leben.

Schüttert's trotzdem durch dich,
Rotz und Trotz hält nichts auf?

So wart nicht auf mich -
Stemm die Eisen und lauf!

Flowers forever & das zweitausendzweihundertfünfundzwanzigste Gedicht

Trockenblumeninstallation in der Ausstellung "Flowers Forever" in der Kunsthalle München

Rückenschmerz

Hab Autschn! in mei'm Rücken,
Schau sauzerknautscht beim Bücken,
Die Mimik blitzelt zerrig,
Ein Blitz wird meiner herrig.

Hab Autschn! in mei'm Rücken.
Es keift beim Schwerterzücken
Ins einstige Beweglich
Der Schmerz: "Kerl, ich zersäg dich!"

Ein Stich, der meinen Körper brät,
Schreit, er sei nun Normalität!

Doch dann winkt zaghaft Besserung,
Die nach und nach bestimmt,
Dass rabiater Messerschwung
In Fuchtelei verdimmt ...

Sudetenmuseum & das zweitausendzweihundertsechzehnte Gedicht

Die Fassade vom Sudetendeutschen Museum München

Weltweiten

Ein Vormittag vorm Monitor
Kommt mir erheblich kürzer vor

Als, sagen wir, am Strand
Von einem fernen Land.

Es gilt, man kann sich schadlos aalen
In Bildschirm- oder WLAN-Strahlen,
Derweil das treue Sonnenlicht
Zu tief in unsre Häute sticht.

Mein Körper widerspricht
So vehement wie schlicht.

Gewiss gereicht es ihm zum Test,
Was man an Spuren hinterlässt:
Dort von zig Cookies angezapft,
Dort barfuß in den Sand gestapft.
So lässt sich für ein Wohlbefinden
Kein besseres Symbol wohl finden

Als, sagen wir, der Strand
Von einem fernen Land.

Barberinischer Faun & das zweitausendzweihundertfünfte Gedicht

Der Barberinische Faun in der Glyptothek München

Partyheimweg

Grad da, wo ich grad pinkeln will,
Wohnen Obdachlose
Und die schau'n mit 'nem Look-to-kill
Auf meine off'ne Hose.
Auf "Was für'n Druck mich grade plagt,
Das wollt ihr gar nicht wissen!"
Entgegnen sie (sehr ungefragt),
Dass sie tagtäglich pissen -
Nur tun sie's ohne ohne Not
Verzusätzlichte Krisen.
Mich fragt da: Gilt das auch für Kot,
Fürs Rülpsen und fürs Niesen?!
Manch Mensch schnurrt lässig "Let it out!"
Beim Not Dürfte Verrichten.
Nur mir ist es so Not Allowed -
Ich muss darüber dichten!

Trümmerkreuz & das zweitausendzweihunderterste Gedicht

Der Luitpoldhügel, auf dem das Bronzekreuz steht, wurde aus dem Trümmerschutt der im Zweiten Weltkrieg zerbombten Gebäuden Münchens aufgeschüttet.

Give peace a chance - ein Akrostichon

Gegebenenfalls
Interesse
Vermelden!
Eh ein Kuschelbedürfnis nach Schlachtfeld und Helden
Perturbiert
Ethikbasen mit
Ambivalenz -
Choraleinsam singt sich grad "Give Peace a Chance".
Entsetzensentstellt
Attackiert man
Charakter,
Höhnt hastig den Paz zu 'nem -ismus-ad-acta.
Aufrüstungsbrüstend wird kühn überblendet:
Normal ist Gewalt das, was
Chancenlos
Endet!

Doha Airport & das zweitausendeinhundertdreiundneunzigste Gedicht

Dem Gähnen

Die letzten Kostbarkeiten blinken
Im zur Rarität schwindenden Alltagsmoment
Und egal, wie gelöst wir aufs Wohl von uns trinken -
Es löscht nicht den Fakt, dass die Zündschnur längst brennt.

Gönnt euch diesen Tränenquell, Freunde! Ihr wisst es:
Das Gähnen von heut ist ein bald schon Vermisstes.

Doch letzte Kostbarkeiten laden
Uns diesen Tags noch zu Umarmungen ein
Und wir singen den Schlager von Fräul‘n Helens Waden,
Woll‘n der Jukebox den Sprung in der Platte verzeih‘n.

Gönnt euch diesen Tränenquell, Freunde! Ihr wisst es:
Das Gähnen von heut ist ein bald schon Vermisstes.

Nun gilt hier keinem mehr als kostbar,
Was zu unserer Zeit auch nur landläufig war.
Wir zwängen den Trott zwischen Hostie und Popstar
Und beugen uns aller Verklärungsgefahr.

Gönnt euch diesen Tränenquell, Freunde! Ihr wisst es:
Das Gähnen von heut ist ein bald schon Vermisstes.

Wittelsbacherplatz & das zweitausendeinhundertachtundsiebzigste Gedicht

Fotoausstellung am Wittelsbacher Platz

Münchner Spätherbstsommertag

Hochselig sprüht Genügsamkeit,
Wo Münchner heut flanieren,
Sprotzt vor gesotten satter Zeit,
Hilft feist beim Herbst-Negieren.

Und jeden freut's in Warteschlangen
Brav sich einzureihen.
Klar, teuer wird's, doch s'wird auch langen!
Keinesfalls zu zeihen
Wär, dieses werte Wetterglück
Nicht vollends auszunutzen
Und dann der Wolkenfront verzük-
Kungssturköpfig zu trutzen!

Durch München schwelgt der schöne Schwur:
Es kann uns nichts passieren!
Jed Dämpfer lädt zur Wellnesskur,
Zum ungestüm Flanieren.

Eine von 6.700 & das zweitausendeinhundertvierundsechzigste Gedicht

Felsen in der 6.700-Inselwelt von Aland

(...) II

Ich liege bar in einem Strom - 
Nur Himmelblau und Wolken. 
Beim Reset auf mein Erstgenom 
Werd ich vom Fluss gemolken.
Ein sprudelnd Dudeldiedelei 
Bespült und kühlt mein Köpfchen high - 
Nur Himmelblau und Wolken.
Und nun ersäuft's mir allen Reim 
Im murmelndgurgelnden Daheim - 
Nur Himmelblau und Wolken. 

Es umströmt und umströmen mich Reinheit und Klarheit 
Wie göttlich zur Wurzel gereichende Wahrheit  - 
Nur Himmelblau und Wolken. 

Bis Narrenhandwerk, ungeübt,
Den Fluss zu solch Erkenntnis trübt,
Das stolz zu dies erlaubt sich glaubt
Und sich im Raubbau selbst beraubt,
Im Immergrau der Wolken.

Ausarbeitung/Fortsetzung vom gleichnamigen Text vom 22. Juli 2022

ABBA & das zweitausendeinhundertsiebenundvierzigste Gedicht

Im Abba-Museum Stockholm

Im ABBA-Museum

Der Vorwurf des Allzu-Gemachten
Rinnt dahin im Schon-längstens-gemacht.
Ein Chorus des einstmals Verlachten
Schien heut Abend von Grund auf durchdacht
Und wird es am morgigen Tage noch sein -
Verhallt ist allein
Mein schon sehr altes „Nein!“.
Und froh begrüßt kehrt Ruhe ein,
Beweis meiner Gelassenheit
(Derweil noch wer „Mehr Hassen!“ schreit).

Von Niederlage zu reden, befind ich,
Wär schlichtweg sehr unangemessen.
Auch tanzend verbleibt mir jed Grundsatz verbindlich -
Die Härte allein ist vergessen.

Willkommen Bratislava & das zweitausendeinhunderterste Gedicht

Stadtwappen in der altstadt von Bratislava

Die Schnurren der Copycats

Wer hat da mit meinem Mündchen gegessen?
Wer hat mit meinem Durst geschlürft?
Wer hat hier mit meinem Maßstab gemessen?
Und wer hat gesagt, dass ihr all dieses dürft?

Wer hat mit meinem Riecher gerochen?
Wer hat so früh meine Koffer gepackt?
Niemand von euch fühlt sich angesprochen?!
Vorsicht, Folks - ich glaub, es hackt!

Wer hat da grad mein Gedächtnis verloren?
Wer hat hier frech meine Story kopiert?
Wer wurd zum Ziel meiner Preise erkoren?
Wer hofft, dass das eh keine Sau interessiert?

Wer hat sich stumm in mein Bettchen gelegt?
Wer hat diesem Häuschen Besitz ausgefegt?
Wer ist fortan meiner Reise Begleiter?

Der schreibe selber mein Textchen nun weiter!

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