Achtzeiler

Nachtfalter & das zweitausendzweihundertzweiunddreißigste Gedicht

Karneval in Venedig 2023

Teilrückzugswiderruf

Ein Kleingedanke ärgert sich:

"Mein werter Autor, haste nich
schon über mich genug geschrieben?!"

"Mag sein, doch scheint mir jedes Mal,
Du lässt erneut mir keine Wahl:
So klein, so groß, dass es entspricht,
Sind Autor und Gedanke nicht -
Und viel scheint unerwähnt geblieben!"

Krapfen & das zweitausendzweihundertsiebenundzwanzigste Gedicht

Münchner Faschingskrapfen

Loss in Translation

Man sagt, ersetzt' man I durch We,
Würd' aus der Illness Wellness.
Ich antworte (aus Empathie
Hier englisch): "Light to tell, yes!
But what we annoys, when
I do it im Deutschen:

Zuweder oder Iter -
Bring'n beide uns nicht weiter."

Drei Brüder of H & das zweitausendzweihunderteinundzwanzigste Gedicht

Die drei warmen Brüder von Hannover

2.222 (Potentials and Limits of Schnapszahlen)

Wenn ich 'ne Nummer doppelt seh -
Und das dann noch zwei Mal,
Hab ich statt Einen Zwei im Tee,
Als vierstellige Zahl.

"Das ist beliebig fortspinnbar!"
Mag mancher da still hoffen.
Das ist korrekt. Doch ich bin da-
Für einfach zu besoffen.

Orientierungshilfen & das zweitausendzweihundertfünfzehnte Gedicht

Beleuchteter Wegweiser am Stuttgarter Schlossplatz

Verlorenheit am Morgen

Die hotelige Frühstücksbuffetorientierung
Kann morgens doch arg überfordern.
Ich irre von Mir-ist's-zu-früh-Konsternierung
Ins hilflose Rühreier-Ordern.

Wo find ich die Löffel, die Butter, den O-Saft?
Wie war noch die Nummer vom Zimmer?
Ob meine Entmüdung noch irgend Niveau schafft?
Ich zweifle. Zur Frühstückszeit immer.

Isarkanal & das zweitausendzweihundertvierzehnte Gedicht

Am Isarkanal am Ickinger Eisweiher

Kritische Radfahrt

Der Fahrtwind schmeichelt dem Gefühl,
Es ginge gut voran.
Und irgendwer behauptet kühl,
Man käme langsam an.

Ich lasse mir das Aufgetischte
Wie was Gewisses schmecken.

Und spür die Welt, als jüngst Erfrischte,
In alten Hüllen stecken.

Unerwartetes Obst & das zweitausendzweihundertzwölfte Gedicht

Arkadendach im Botanischen Garten München

Zögerlicher Neustart

Das erste ernsthafte Gedicht
Schaut scheu ins neue Jahr.
Wovon es handelt, weiß es nicht -
Weil fast noch nichts geschah.

Es sieht sich nicht mal in der Pflicht,
Es stelle etwas klar -
Es schreibt ganz schlicht sich hin und spricht:
Seht her, nun bin ich da!

Lothstraße & das zweitausendzweihundertelfte Gedicht

Abendstimmung auf der Lothstraße in der Maxvorstadt

Zum neuen Jahr ein altes Nein

Dem neuen Ja(hr) verbleibt uns ja
Nur Besseres zu wünschen -
Und solch Spruch reimt sich offenbar
Ausschließlichstens mit Pünschen!?

Und schreit dann irgendein Cretin
"Nicht zu vergessen: München!",
Verblasst sein Teint nach dem Refrain
"Mein Anspruch wird dich lynchen!"

Winterkarpfen & das zweitausendzweihundertzehnte Gedicht

Karpfenteich im Botanischen Garten München

Wiedergeburt am Neujahrsmorgen

Das Katertier im Hinterhirn
Sträubt kratzgewiss sein Fell
Und kackt mich aus, auf allen Vier'n,
Ins Längst-schon-wieder-hell.

Auf wunden Pfoten krieche ich
Ins schon begrüßte Jahr -
Und tote Ratten spiel'n für mich
Ein Tschingderassassa.

Totenstille & das zweitausendzweihundertneunte Gedicht

Alter Nordfriedhof im Schnee

Selbstversendlichkeit

Boah, ist das dunkel, wenn nirgendwo Licht ist!
Ortlos die Welt, in der dies kein Gedicht ist:
Worte, die Klang über Klang sich entblößen;
Nirgendwo misst wer die Buchstabengrößen.

Wortlosigkeit bohrt sich tief in die Stille -
Irgendwo ortbar zumindest der Wille,
Dass man der Buchstaben oberste Schicht misst.
Boah, ist das dunkel, wenn nirgendwo Licht ist!

Glyptothekinnenhof & das zweitausendzweihundertzweite Gedicht

Wintersaison im Glyptothekinnenhof-Café

Unbesetzt

Und nichts entwirrt die Einsamkeit
Von unbesetzten Plätzen -
Die Tiefe der Verlorenheit
Ist niemals abzuschätzen.

Ab morgen wird hier ausrangiert,
Fast alles wird verschwinden -
Und ziellos aus der Leere stiert
Der Zwang, dies zu verwinden.

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