Dutzendzeiler

Westendstraße & das zweitausendzweihundertfünfzigste Gedicht

Gebäude der alten Augustinerbrauerei in der Westendstraße

Ermüdungsbrüche

Ich suhle und besudel mich in Ungewöhnlichkeit,
Stöhn immer etwas langgeweilt und falle aus der Zeit.

Ach, könnte ich für irgendwas
Mich zweimal interessieren!
Ach, fänd ich mal an etwas Spaß
Nach lebenslangem Gieren!

Kenn keinen Unterscheidungsgrad
Von Lebensqualitäten.
Mir ist egal, worauf ich wart -
Es kann sich nur verspäten.

In mir verschwendet, ohne Not, sich unaufhörlich Leben.
Doch wird's mich bis zu meinem Tod, sehr unbeeindruckt, geben.

Weg zur Ruhr & das zweitausendzweihundertsiebenundvierzigste Gedicht

Buhne an den Ruhrauen bei Überruhr

Im Eisstielwald

Im Eisstielwald der Kindergärten
Ist der letzte Busch Sehnsucht verbrannt.
Bis zum Punkt, da noch nächtens die Glutnester schwärten,
Hab ich Magnum Mandel erkannt.

"Magnum Mandel", erkläre ich allen Erziehern,
"ist gelegentlich nur Theorie!
Manchmal gleitet die Eiswelt ins Tal wie auf Skiern,
Mal geschieht das nur selten bis nie."

"Und was", fragst du, "willst du mir damit denn sagen?" -
Wechselst antwortenscheu gleich das Gleis.

"Ich war auch mal so wie die anderen Blagen
Und ich aß dabei sehr gerne Eis."

Wiedererwachen & das zweitausendzweihundertsechsundvierzigste Gedicht

Frühlingserwachen am Alten Nordfriedhof München

Glam der Flucht

Nach einer Saison unterm Mullbindenhimmel
Schrei'n meine Augen nach Strand -
Verödetes Licht kriecht durch Grauen und Schimmel,
Die Lichtung heißt: anderes Land.

Oh, seliges Dösen mit Sand an den Füßen
(die eben noch Socken verpackten)!
Ich streich aus erröteten Postkartengrüßen
Die allzu genüsslichen Fakten.

Ja, vertaut die Vertrautheit verdunkelter Welten
Gern felsenfest in meinen Häfen -
Es dämmert der Glam von dem emsigen Selten
Mir fernschönstes Licht in die Schläfen!

Mieswetterlaune & das zweitausendzweihundertzweiundvierzigste Gedicht

An der Fondamenta Zattere Al Ponte Lungo

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Die Masse der Coolen
Ist schlichtweg très uncool -
Wie sie um uns buhlen
Als Followerpoolpfuhl!

Und immer sollen wir was liken,
Für blässliche Belange streiken.

Den Scheinwerferlosen
Fehlt's längst schon an Masse,
Als panisch von Posen
Umworbene Klasse.

Und ständig sollen sie was liken,
Für blässliche Belange streiken.

San Giorgio & das zweitausendzweihunderteinundvierzigste Gedicht

Blick auf San Giorgio Maggiore

Nach getaner Arbeit

Hab eine ganze Woche lang
Nur öden Scheiß gemacht.
Der Unzulänglichkeiten Klang
Hat bös dazu gekracht.

So oft schuf jeder Schritt nach vorn
Ein abermals Zurück.
Doch glomm fromm, um uns anzspor'n,
Jed kleinstgeschaffne Stück.

Auf meinem Weg zur Arbeit winkt
Herr Sisyphos mir zu.
Der ahnt, wie mir mein Leben stinkt -
Und jetzt weißt das auch du!

Giusto Trento & das zweitausendzweihundertachtundzwanzigste Gedicht

Auf der Faschingskirmes in Trient

Erster Frühlingshauch

Endlich kommt die Sonne raus
Und ein Hauch von Wonne saus-
...ssst in Glied und Glieder.

Knospend schmiegt sich Lipp an Lipp
Und des Frühlings Wiege wipp-
...pppt ins Vida wieder.

Und ein erster Wärmeknuff
Walkt uns Körper - endlich Luf-
...ffft im Wulst der Vulven!

Alles neckt sich nackt und keck,
Wenn die Scham den Charme entdeck-
...kkkt als Felix-Krull-Fan.

Creativhotel & das zweitausendzweihundertsechsundzwanzigste Gedicht

Kunstwerk auf dem Weg zum Frühstücksraum vom Creativhotel Luise in Erlangen

Der Eindringling

Ich dring heut tief in dein System,
Die Firewalls soll'n ächzen,
Platzier in dir ein Hack-Ekzem,
Lass meinen Zugriff lechzen, -

Hui, aus deiner Verschlüsselung
Wirst du dich ganz entblättern! -,
Setz Gigabytes und Bits in Schwung,
Schlürf deiner Passwords Lettern.

Ich horte jedes Zugriffsrecht,
Besuhl mich mit Befugnis,
Und ich allein, als Allgemächt,
Bestimme, wann genug is ...!

Zehntstadel & das zweitausendzweihundertvierundzwanzigste Gedicht

Der Zehntstadl in Leipheim

Zwischen den Gräben

Oh, wundersame Duldsamkeit,
Wie küssest du mich mild -
Da all das Ringsum wüst beschreit
Dein streitentlöstes Bild!

Ein Hund erträgt die Kette nur,
Indem er sie zerbellt.
Und er erkundet den Parcours
Als selbsterkor'ner Held.

Du lehrtest mich, oh Duldsamkeit,
Er kann mich nicht erreichen -
Drum werde ich, zu keiner Zeit,
Von deiner Seite weichen!

Magdeburger Halbkugeln & das zweitausendzweihundertneunzehnte Gedicht

Magdeburger Halbkugeln / Otto von Guericke Denkmal

10/12 - ein blasphemischer Huftierdiss

Neulich bekehrte mich nächtens:
Keine zehn Pferde verbrächten's
Von meiner Treu mich zu zerren!

Denn, meine Damen und Herren,
(trotz fehlbarer Entschiedenheit)
Dank stählerner Zufriedenheit
Trennt kein Mährchen
Ein Pärchen
Zurück in zwei Hälften -
Und sei'n auch die Gäule bemüht und zu elft, denn

Gott ist ein Schwächling! Und als solch einer schuf er
Die Dutzendware Unpaarhufer.

Sparkassenstraße & das zweitausendzweihundertachte Gedicht

Sparkassenstraße in der Münchner Altstadt

Olivers II

Im All der Olvivers wirst du
Der Eine für mich bleiben -
Das würde ich nach all der Zeit
Noch heute unterschreiben.

Die Schule schnürte uns die Schuh'
Und trieb uns ins Entfernen -
Des Andren Unverständlichkeit
Hieß sie uns zu erlernen.

Der Schulbus fuhr uns aus den Schwur,
Kein Jemals könnt' uns trennen.

Heut können wir uns sehen - nur
In keinem All erkennen.

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