Dutzendzeiler

Lange Nacht & das eintausendeinhundertsiebzehnte Gedicht

Im Skygarden München bei  der Langen Nacht der Architektur

Laiesein

Deine Architektur bremst mich aus zum Betrachter,
Einem mal dies und mal das, mal alles Missachter.
Wie ich mich auch bewege, scheint untalentiert -
Und ich habe, weiß Gott, ein paar Jahre trainiert!

Deine Architektur stempelt mich zum Verlierer,
Einem Über-Gebühr-in-der-Lobby-rum-Stierer.
Und mein Stil scheint alleine für mich nicht zu klein -
Nun, ich könnte wohl nirgends verlorener sein!

Deine Architektur drängt mich ständig zum Ausgang
Mit unverblümt säuselndem "Eindringling raus!"-Sang.
Doch ich habe - wohlwissend, dass es so nicht gedacht -
Mich sattsam in ihr breit gemacht!

Begleitung & das eintausendeinhundertzehnte Gedicht

Eichhörnchen in Davos

Mein Hier (Auf der hohen Promenade zu Davos)

Die hohe Promenade ist mein
Saft'ges Winterwonderland -
Hier atme ich des Winters Kraft ein
Und trag Schühchen an der Händ.

Unterm watt'gen Schneestapf schlummert
All die Hast und Last auf Erden,
Und mein schwaches Herzchen wummert
So, als wollt's noch achtzig werden!

Von den Tannenspitzen rieseln
Eichenkätzchen, hochpossierlich!
Sänftwärts schwebt hinweg mein Kriseln -
Gänzlich tänzelnd latscht's mich hierlich!

Rhätische Bahn & das eintausendeinhundertachte Gedicht

Rhätische Bahn

Dieser Nebel Schuld

Der Nebel hier schuldet mir so viel an Gegend,
Das krieg' ich doch nie mehr ersetzt!
Im trägen Verdacht mischt sich alles, was lebend -
Das Grau ist hier bestens vernetzt.

Das Graugewölk schuldet mir so viel an Ausblick,
Hier wurd' ein ganzer Ort geklaut!
Keinen Dunst, wie ich mich aus der Ebene rausklick -
Hätt' ich mich vorher umgeschaut!

Die Nebel-App schuldet mir so viel Erfahrung!
Nur Layer folgt Layer auf Schicht ...
Dahinter - vermutenswert - liegt Offenbarung -
Verzettelt in diesem Gedicht.

Der Nebel hier schuldet mir so viel an Gegend,
Mich führt kein Comeback wieder her!
So pack' ich als Wissen, die Schwaden umschwebend,
Ein scheues Vielleicht, ungefähr.

Bindenwaran & das eintausendsechsundneunzigste Gedicht

Bindenwaran im Yalla Nationalpark

Wägenmut

Das Quarren alter U-Bahnwägen
In den angekurvten Schrägen -
Wie aus aufgewühlten Mägen.
Geradezu, als ob den Trägen
Unzumutbar schmerzend Last
Aufgeladen.

Nun diesen Schaden
Auszubaden,
Geht hart in die Wagenwaden.

Doch 'ne Waage
Checkt die Lage:
Unzumutbar? Nicht mal fast!

Alter Peter Schatten & das eintausendfünfzigste Gedicht

Münchner Rathaus im Schatten vom Alten Peter

Im Musäum

Karla Valentina
Balla Primarina
Schalk und Rauch Schlawiner
Karla Valentina

Liesl statt Kalauer
Adelsspross von Dauer
Tadellose Power
Liesl statt Kalauer

Wallen Teenageherzen
Bei den alten Scherzen?
Finden coole Städter
Neu Vergeh'ndes better?

Sind solche zu-e Schauer
Über Haupt Verdiener?
Liesl statt Kalauer
Karla Valentina

Buchs & das eintausendsechsundvierzigste Gedicht

Im Schlosspark Nordkirchen

Die zwei Jahreszeiten

Die Sonne schwalbt durchs Schattgeäst
Und Laub wie Laub krönt Welten farben
Wie wallt sich auf zum Schatz der Rest!

Als würde noch geheim: Es starben
Die Prachten solcher Königtümer
Im angestammten Jahrestakt
Und üblich reisst's von ungestümer
Glorie Herzhaut, falben nackt

Für dich regt sich schon Auferstehung
Mit mir schimpft Herr St. Nimmerlein
Schwenkt längstens in die Unumgehung
Des baldigst Ganz-Gewesens ein

Grenswerk & das eintausenddreiunddreißigste Gedicht

Venlo Grenswerk in der Peperstraat

Sonnenkrieger

Und wieder rinnt die Wirklichkeit
Durch meine tauben Finger
Als sei ihre Zeit nun endgültig vorbei
Als gäb' es längst heißere Dinger

Doch schwör' ich nicht der Frischluft ab
Für eigene vier Wände
Reich' unberechenbarer Kraft
Die frisch geleerten Hände

Wo Wurzelwerk mein Salz aussaugt
Und mich Sturzbäche Regen begießen
Werd' ich, wenn sich die Welt abschafft
Die Restspur des Sommers genießen

Im Jagen 86 & das eintausendeinundzwanzigste Gedicht

Sandgrube Jagen 86 Grundewald

Schon hat sich etwas Kühle in

Schon hat sich etwas Kühle in
Den Sommerwind gelegt

Dem trotzt wie ich mich fühle - bin
Von Hoffnung untentwegt

Doch was sich da verschoben, es
Dringt niemals so zurück

Und unbemerkt verwoben, nes-
Telt Irrtum um mein Glück

So lasse ich auch gehen, was
Zu halten ich vermocht

Es ist das Neuentstehen das,
Wofür ich immer focht

Straßenfest & das eintausendfünfzehnte Gedicht

Straßenfest Georgenstraße

Zum Geburtstag

Schon xx Jahre kein Gestorb'ner geworden,
Vom Frust verdorben, an der Brust keene Orden -
So wird's dich wirklos weiter geben!

Schon xx Jahre als "Geschafft!" Abzuhaken,
Erspart jeden Kraftakt zum Wiedererstarken!
Man treibt in weit're Zeit zu leben ...

Schon xx Jahre als Vergangenes feiern,
Das Sang- wie Belanglose lohnreich zu leiern -
Kann nicht jedes Schicksal enttrüben!

Schon xx Jahre in die Umlaufbahn schießen,
Um auch ein paar Stufen hinauf zu genießen -
Das solltest du fortan mal üben!

- Mehr Gedichte für Geburtstage und Hochzeiten -

Madagaskar revisited & das neunhundertneunundachtzigste Gedicht

Madagaskar Chamäleon

Für Verbliebene

Dein Grab ist längst schon eingeebnet
Doch das Loch meines Kosmos' nicht zu
Ich spüre sein Gähnen noch hinter der Rückwand
Von nicht zu verrückenden Schränken
Und manchmal, da frage ich mehr dich als mich: "Wie-
So ist der Gewürzstreuer leer?"

So lang ist das alles schon her ...
Und manchmal, da frage ich mehr mich als die, die
Grad parallel deiner gedenken:
"Verzeihst du ein wenig, wie ich noch zum Glück fand?"
Viel zu friedvoll und ruhig raunst du:
"Mein Grab ist längst schon eingeebnet!"

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