Dutzendzeiler

Seidenreiher & das eintausendsechshundertachtunddreißigste Gedicht

Startender Seidenreiher bei den Nußberger Weihern

Zweite Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Heinzelmännchen, Zustand zwischen Schlaf und Wachsein, Carmina Burana, Glückspilze, Vampire, Energetische Gebäudesanierung, Gewissheit des Todes, Gutes Reimen, Frischluft, Griechenland und Vernichtung der Menschheit.

Vampire 2.0

Statt aus saugen wir unsre Opfer ganz ein,
Verdammt dazu, immerzu bei uns zu sein.
Die Zähne hab'n wir dezent Cookies genannt
Und seh'n den Protestruf "Genug is!" entspannt,
Denn die treuesten unserer Sklaven sind bald
Auch tagsüber nur Nachtgestalt.

Hast du vorm Reich der Finsternis,
Graf Dragoogla und Insta Schiss?

Es zeigt sich unser Herrschaftswandel
Als Untertanen schon'nder Handel:
So macht der Mut zum Datenfluss
Mit altem Blutdurchwaten Schluss!

Weißblauweiß & das eintausendsechshundertdreißigste Gedicht

Auf dem verschneiten Moorweg 1 in Benediktbeuern

Auf einen Tee bei von Unverbesserlich

Wie schwerfällig die Zeit sein kann,
Sobald sie auf dich trifft!
Die Leichtigkeit entweicht und dann
Schwärmt Leere aus wie Gift.

Die Unterhaltung auszuhalten,
Schwör ich mir jedes Mal -
Schon graben deine Sorgenfalten
Ein gnadenloses Tal.

Wend nun auch ich mich von dir ab,
Da alle Welt schon ging?

Ach, was - wenn du dran Spaß hast, grab!
Ich weiß, das ist dein Ding.

Kyloe & das eintausendsechshundertachtundzwanzigste Gedicht

Schottisches Hochlandrind am Moorweg 1 in Benediktbeuern

Der Teppich schweigt

Der Teppich schweigt, antwortet nicht auf mein Fragen -
Vielleicht hört er mir nicht einmal zu!
Fast bin ich geneigt etwas Böses zu sagen -
Dabei war'n wir doch längst schon beim Du!

Im Prämienheft stehen noch 20 Versprechen -
Wem soll ich jetzt davon erzählen?
Will er ein zu deftiges Aufstampfen rächen -
Wie lang darf man mich dafür quälen?

Nun rede ich schon - wie ein Geistesgestörter -
Mit dem Quatsch, den der Fernseher zeigt.

Wenn Gott mich noch etwas beachtet, dann hört er:
Einen stinkenden Teppich, der schweigt.

Moorweg 1 & das eintausendsechshundertsechsundzwanzigste Gedicht

Auf dem verschneiten Moorweg 1 in Benediktbeuern

Erste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Yoga, Serienbingen, Netflix, Geschwurbele, E-Mobilität, Marilyn's Army, Hochzeitsfotografen und Fanfiction.

Fanpoetry

Ich will bereits hier meine Ausführung stoppen,
Jede weitere Einschränkung meiden
Für einen Versuch, meine Dichtung zu toppen
Von den Clans, die auf meiner Alm weiden.

Jeder große Moment gebärt eine Kopie
Und muss lernen sich einzugestehen,
Dass er selbst niemals so relevant war wie sie -
Mit Rentierblick aufs frühere Lehen.

Sieh, der Spind ist geräumt und die Werkbank geputzt!
Drauf: die Sprosse zur formschönen Leiter.
Wähle sorgsam die Worte, mit der du sie nutzt,
Schreib das Unausgesprochene weiter!

Telemilla & das eintausendsechshundertvierundzwanzigste Gedicht

Mein wartendes Mikro im Milla Club München

Erste Auftragsversewoche 2021: Gewünscht wurden Gedichte zu den Themen Yoga, Serienbingen, Netflix, Geschwurbele, E-Mobilität, Marilyn's Army, Hochzeitsfotografen und Fanfiction.

Marilyn's Army

Wir wurden in die Arsenale bestellt
Für den Sturm auf die Charts einer anderen Welt,
Wir haben gewetzt und geschliffen.

Wir stimmten uns ein,
Immer lautstark zu sein,
Haben früh auf Besoldung gepfiffen.

Wir sind vielleicht längst schon die Letzten an Bord
Doch erfüllen verlässlich im Trance den Akkord,
Seit man uns für Verschworenheit bucht.

Gescheiterte zwar,
Gleichwohl immer noch da -
Vom Punkrock beschenkt und verflucht.

Wintersonne & das eintausendfünfhundertdreiundneunzigste Gedicht

Sonnenuntergang am Olympiapark

Love

Du hast von der Lieb' in die Welt mich getschüsst,
Schriest "Raus hier!" statt "love is the word".
Ein Vorderzahn ward deiner Anmut entküsst -
Den Rest hast du selber zerstört!

So viele Spuren Hässlichkeit
Hat Zeit uns eingedörrt,
Weil jeder "Halt die Fresse!" schreit
Und niemand sich empört.

Im Tonnenlawinengeröll liegt ein Einst -
Das hätt' uns auch wortlos gehört.
Mag sein, dass du darüber seltener weinst.
Die Zahnlücke pfeift " ... is the word".

Abendschweigen & das eintausendfünfhundertfünfundsiebzigste Gedicht

Starnberger See Herbstsommerabend

Dulde, Dude!

Aus eingeschnappten Schnauzen schnellen
Tsunamis von Empörungswellen
Zunehmend scheugeklapptem Wütens
Und neubewusstem Trutztrotz-Brütens.

Mit Charme sich dem entgegenstellen?
Eh wir, verarmt in Ausdruckszellen,
Uns anstandswauwauend bescheiden
Und Freiheitsbeschneidung erleiden?

Unbedingt.

Bloß sollten wir niemals partizipieren am Müll
Mit Patriarchats-Partisanen-Gebrüll,
Uns auch am falschen Weg verschulden -
Die wahre Tugend heißt Erdulden!

Nordteil & das eintausendfünfhundertvierundsechzigste Gedicht

Baumkronen im Nordteil des Englischen Gartens

Durch die Vorstädte

Mein Schritt durch die Vorstädte hallt mir zu schrill,
Womit er was klar- oder darstellen will.
Ich würde gern rufen: Das bin gar nicht ich -
Allein der Besuch hier ist wichtig für mich!

Ich ward deep im Grundrausch der Großstadt geboren,
Werd stetig durchzittert von Schallresonanz,
Das Flitterhaar brutzelt im Speck meiner Ohren,
Bin emsiger Nutzer des Fames oder Funs.

Noch klingt jeder Schritt hier mir schrill statt nur laut,
Noch sind mir der Maßstäbe Wogen vertraut.
Die Stille im Vorort berichtigt mein Ich -
Allein der Besuch dort ist wichtig für mich

Sckell-Monument & das eintausendfünfhundertsechzigste Gedicht

Das Sckell-Monument auf der Halbinsel vom Kleinhesseloher See im Englischen Garten

Mein Gendern (vor der Heimkehr)

Ich schminke mein Sprechen mit fleißigem Gendern,
Entsprechend gefordertem Formideal.
Fürs eigene Spiegelbild würd ich's nicht ändern -
Dem eigenen Ohr ist Kosmetik egal!

Doch eh ich berechtigte Anliegen schmähe,
Trag ich meiner Äußerei Glitzerstaub auf.
Auch wenn manch Wort ohne dies schöner aussähe,
Nehm ich das mir Läppische lässig in Kauf.

Galant und entspannt spende ich meinen Beitrag
Zu einer fairtrefflich sich bessernden Welt,
In der nach generisch-ästhetischem Einschlag
Der Wunsch nach jed äffischem Umweg entfällt.

Der Himmel über B & das eintausendfünfhundertzweiundfünfzigste Gedicht

Spätsommerhimmel über Berlin

Schöneberger Südgelände

Schöneberger Südgelände
schon' dich güt, vermeide Brände
und verberge schön galant
ausrangiertes Tuff-Tuffland!

Lass Birken bewirken
den Zuzug von Tier'ken
gönn dir auch Robin'chen
zwischen den Schien'chen
betagg alle Wände mit "Ende Gelände"!
Betagt mault manch Gleis-Greis: "Scheiß Umweltverbände!"

Drängt's dein wilderndes Herz noch nach weiteren Faxen?
Dann lass uns mal Schönebergs Norden bewachsen!

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