Achtzeiler

Temporäre Bauten & das eintausendsechshundertachtzehnte Gedicht

Schneemann im winterlichen Englischen Garten

Die Kätzchen

Bald verblasst das Kindchenschema,
Feuerrotes Haar erlischt,
Die Wehwehchen werden Thema -
Alter Glanz vom Grau durchmischt.

Von Tapsigkeit zum Tattergreis
Geht's nahtlos durch das Leben,
Vom Ungestüm aufs Abstellgleis -
Ein Kind bis grade eben.

Vom Traum, alles & das eintausendsechshundertvierzehnte Gedicht

Die Skulptur "Vom Traum, alles hinter sich zu lassen" von Andreas Kuhnlein  in der St. Josephskirche in der Maxvorstadt

Erfolg

Bislang hat dir alleine der Raum zugeschaut,
Man ist an dir vorüber gehypt
Und das Publikum hat eine Mauer gebaut,
Die unüberwindbar verbleibt.

Dessen Ignoranz feiert im Graben ein Fest,
Bei dem man beherzt für sich selbst applaudiert.
Man zeigt sich erkenntlich und denkt sich den Rest,
Sitzt da und toleriert.

Würm & das eintausendsechshundertachte Gedicht

Die Würm bei Feldmoching

Sachliches Sterben

Die Spuren einer Kindlichkeit
Im schwindenden Gesicht -
Sie folgen trübnisarmer Zeit
Aus greisenfrommer Pflicht.
Gern wär ich ohne Vorbehalt
Kurz ungezwungen heiter!
Da steh'n wir zwei, gemeinsam alt

Und wissen nicht mehr weiter.

St. Ursula & das eintausendsechshundertsechste Gedicht

Weihnachtliche Deko in der St. Ursula Kirche Schwabing

Der Neuanstoß

Es langt ja schon zum Neuanfang
Für'n jahrelangen Boy-Anhang
Viernächtchenlang untreu zu sein, konsequent
Mit neuem Zechtourkontingent.

Denkt jetzt wer verächtlich:
"Mein Mädchen, das rächt sich!",
Dem lächelt sie sehr lässig zu:
"Echt, ich fühl mich prächtig, du!"

RFB-Platz & das eintausendsechshundertdritte Gedicht

Rainer Werner Fassbinder Platz in München

Themenfeld und Sternenzelt

Ich werd weiterhin nie etwas Wichtiges schreiben,
Denn die Wichtigkeit trieft schon vor Wort.
Sie droht Leichtes und Lichtes aus Neid zu zerreiben,
Deklamiert ihre Gültigkeit stets ab sofort!

Glüht ein Themenfeld, mag es ein andrer beackern -
Auch wenn sein Ertrag mich bezirzt.
Mein Ziel bleibt, mir selbst an den Grabstein zu tackern:
Er hat unser Leben verkürzt.

Schwabinggiraffe & das eintausendfünfhundertsechsundneunzigste Gedicht

Wandbemalung in der Nähe vom Klinikum Schwabing

Katzenklo

Du und die Deinen -
Würde man meinen -
Sind die geschmeidigsten aller Komtessen,
Oberste Rahmschicht der Edel-Hostessen!

Doch zählt ja fürs Gesamtergebnis
Die Frage: Was kommt hinten raus?

Da birgt das Streu dann manch Erlebnis
Des olfaktorisch derbsten GAUs!

Fröttmaning & das eintausendfünfhundertfünfundneunzigste Gedicht

Blick gen Fröttmaning vom Olympiaberg

Meeting the Influencers

Sie setzten sich so, dass ich gar nichts mehr seh -
Sie halten sich wohl für 'ne Aussicht!?
Und mich für Ihr Instagram-Fangirl in spe?
So hör'n Sie: Das bin ich durchaus nicht!

Sie sind zwar von reiner Durchschaubarkeit beim
Notorischen Selfie-Posieren -
Doch fehlt meinem Blick nun ein brauchbares Heim
Im schambloßen Schlachtfeld der Ihren!

Auwald & das eintausendfünfhundertzweiundachtzigste Gedicht

Im Auwald bei Icking

Liebe Katze

Du schmiegst dich hinweg mit 'ner Beiläufigkeit,
Als ging es dir hier um die Geste allein.
Und seicht weht der Hauch einer Zugeneigtheit,
Die niemals im Dienenden mündet, oh nein -
Dies Bündnis beruht auf dem Öffnen von Dosen,
Auf wunschpunktgenau einstudiertem Liebkosen,
Wo ein Geschnurr mir nur quittiert:
Da fühlt sich jemand wohldosiert.

Mittlere-Isar-Kanal & das eintausendfünfhundertachtzigste Gedicht

Brücke über den Mittlere-Isar-Kanal bei den Ismaninger Fischerteichen

Vor der Zielgeraden

Wir sind so weit gekommen, dass das Ziel uns beschämt
(dabei sind wir längst merkwürdig desint'ressiert).
Die Beschwerlichkeit hat unsern Eifer gezähmt,
Wir wittern den Endspurt, wie paralysiert.

Lass uns umkehren und unsern Irrtum erkennen -
Nach Diktat legen hehrste Motive sich wund!
Wir können ab heut alles anders benennen.
Wir reisten aus einem vergessenen Grund.

Unterföhring & das eintausendfünfhundertneunundsiebzigste Gedicht

Im TV-Sendermoloch Unterföhring

Wenn Dichter retten ...

Gefühlt schrei'n täglich so viel Leben
In meine Richtung "Rette mich!"
Und kläglich müht sich all mein Streben
Um einen Reim auf "Kette, brich!"

Zu viel androhn'nde Schicksalsbrüche!
Zu oft tönt's roh und abgekühlt:
"Erspar uns deinen frommen Sprüche!"

Ihr Rettungsruf war bloß gefühlt.

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