Waldsee Zehlendorf & das eintausendvierhundertneunundsechzigste Gedicht

Spiegelungen im Waldsee in Berlin Zehlendorf

Die Grauen (wenn's jauchzt am See)

Im unverdienten Haus im Grünen
Grienen all die Erbschein-Hünen,
Reich beferkelt von den Bachen,
Die so herzergreifend lachen,
Wenn dem Herrn ein Witz gelingt

Und ein Borstenblitz durchdringt
Hehr schwerstgrau das Grüne

Um Blagen, Braut und Hüne.

Schweinebucht & das eintausendvierhundertachtundsechzigste Gedicht

Schweinebucht bei Übersse am Chiemsee

Partyerwachen

Die aufgekratzte Stimmung war
Am Morgen schon verschorft,
Da späten Glucksens Immerdar
In neues Elend morpht.

Verdampfte Ausgelassenheit
Macht Kopfverbände klamm,
Bis jemand "Nicht zu fassen!", schreit,
"Ich hau die Brut zusamm'n!"

Wenn Übermut im Unterschaum
Mit Scham sich arrangiert,
Fühl ich im fortgewünschten Raum
Mich sichtbar bandagiert.

Olympiasee & das eintausendvierhundertsiebenundsechzigste Gedicht

Fauna im Olympiasee

Der Verweigernde

Wenn die Krise sich brav vor der Hoffnung verneigt,
Ist der Teilrückzug längstens beschlossen.
Doch dein Schicksal hat wieder mal alles vergeigt,
Frönt nostalgisch den kalkigen Possen.

Du bist eigentlich Opfer vergangener Zeit,
Doch dein Leid biestert schwungvoll ins Heute.

Jeden Währungsverlust nennst du Aufrichtigkeit
Und betonst, dass sie dir was bedeute.

Chiemsee again & das eintausendvierhundertsechsundsechzigste Gedicht

In Übersee am Chiemsee

Seefriede

Und grad weil dieser See alle Ruhe aufnimmt,
Die vom ufernden Rund sich ergießt,
Scheint mein Angesicht wie von Hektik bestimmt -
Dem nie überwundenen Biest.

Denn wie viel an Gesorg ich dem Himmel vermach' -
Aus dem See säuselt's: Da geht noch mehr!

Wenn lustvoll zum "Ah!" sich verschmälert das "Ach!",
Verdümpelt erst all das Gezerr'.

Taubenstein & das eintausendvierhundertfünfundsechzigste Gedicht

Frühsommerflora am Taubenstein

Nicht einmal die Wagenspur ...

Nicht einmal die Wagenspur
Bleibt von unsrer Reise, nur
Der Fahrtwind, der sachte sich hinter uns schloss,

Erneut den von Nachfahr'n verkindlichten Tross
Wie zur allerersten Fahrt,
Vollberauscht von Gegenwart,

Auf altausgetretenen Pfaden empfängt,
Ihn sanft aus dem Sog jeder Abschweifung lenkt.

Durch die selbe Wagenspur
Zieht die Unbeschwertheit, nur
Für das, was uns rührte, bleibt ihr Auge blind.

Schon wir war'n Geführte vom uralten Wind.

1.884 & das eintausendvierhundertvierundsechzigste Gedicht

Ausblick beim Rotwandhaus

Bergmesser

Als ich an der Rotwand
Ein kleines Stückchen Kot fand,
War meine Freude - ungewollt - unermesslich:
Mir fehlte der Zollstock (ich werde vergesslich).

Valepptal & das eintausendvierhundertdreiundsechzigste Gedicht

Wanderung zur Rotwand

Raus! Raus! Raus!

Raus an die frische Luft
Und an die luft'ge Frische -
Der Trübnis Gram verpufft
Am üppig grünen Tische!

Ins Freie spült's den Wandersmann
Und alles fühlt sich anders an.

Rotwandseitenflügel & das eintausendvierhundertzweiundsechzigste Gedicht

Felsen neben der Rotwand

Der erhobene Finger

Ach, nun schnattern sie wieder ihr "Das geht zu weit!"
In knüppelharter Einigkeit,
Brüll'n "Henker her!" und "Zapperlot!"
Und tapern Richtung Denkverbot,
Pollier'n Heiligenscheine, als hätten hienieden
Sie selbst sich nicht längstens schon anders entschieden -
Denn vorm großen "Boah, nee!"
Ging's doch sehr lang okay?!

Wer mit Trara sein Mantra schreit,
Der tarnt sich nur - denn wirklich weit
Ist man gar nicht entfernt von dem hässlichen Schritt -
Und wenn der Mainstream marschiert, geh'n'se eh alle mit!
Doch eh sie höchstselbst jenen Wandel vollzieh'n
Wird auf alle, die vordem so handeln, gespie'n.
Da will man scheltend sich ereifern
Und lauthals nach Vergeltung geifern,
Da glänzen vom Mut durchgeknetete Waden
Beim Tänzeln auf gut ausgetretenen Pfaden.
Man krönt sich im Empörungskult,
Beschönigt seine eigne Schuld:

Will ja Kinosaalmuff, findet Live-Musik nett
Doch hat Spotify-Abo, 'ne Streaming Dienst Flat
Will das Krimsikramslädchen, doch hat Amazon-Prime
Und ruft Lieferandos sich zahlreich ins Heim
Und bigott blökt die überdosierte Moral:
Ich hätt' gern ein iPhone und den Wal!

Ja, Miss Missionierung und Herr Schaftsanspruch
Die heucheln und meucheln und seh'n nicht den Bruch,
Dass ihr Maßregelwerk nicht ihr Tagwerk bestimmt
Und man eifrig negiert, welche Richtung das nimmt.
Die frömmeln sich zur Wasserpredigt
Und kömmt's, dass wer Wein trinkt, dann wird der erledigt!
Mit dem endgeilen Dolch dieser scheinheilig Frommen
Wird eilig und lustmolchig Anstoß genommen,

Und aus sündigem Tal erheb ich meine Stimme:
Nicht die Tat und die Schuld sind das eigentlich Schlimme -
Der notorische Pranger, erleb ich unterm Joch
Ist nun ebenso schäbig, nein, schäbiger noch.

Wer mit erhobenen Finger stets auf andere zeigt,
Erprobt sich als Arsch, der zum Aufmarsche geigt -
Scheint's vorm großen "Boah, nee!"
Es auch sehr lang okay ...
Wer A keift, hat schon B gesagt
Auch wenn der nette Mann noch fragt:
Eins, zwei oder drei?
Geht's um die Entscheidung, ist keiner mehr frei.

Und wo wer letztlich wirklich steht,
Seht ihr, wenn der Wind sich dreht!

Einzelgänger & das eintausendvierhunderteinundsechzigste Gedicht

Kuh bei der Rotwand

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Wenn jetzt Verschwörungstheorien
Verstörend durch die Hirne zieh'n,
Werd'n sie zur Hälfte anerkannt
Per "Wusst ich's doch!" und "Allerhand!"

Spitzingsee & das eintausendvierhundertsechzigste Gedicht

Blick auf den Spitzingsee

Vom Wesen der Wrasen (Mit schönem Gruß aus der Stechlin-Lektüre)

Des Morgens schweben Nebelwrasen
Über Feld und Nebenrasen -
Blöd is: Das Sie-Anzuseh'n
Nötigt dich zum Frühaufsteh'n!

Ist doch Lebenszweck der Wrasen
"Schweben, schwupps und weg - das war's!", denn
Aller Dampf der Tüchtigkeit
Endet früh in Flüchtigkeit.

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