Leipzig Völkerschlacht & das zweihundertneunundsiebzigste Gedicht

Völkerschlachtdenkmal in Leipzig nach Wolkenbruch

Wuchtig, donnernd, wuchtig, wuchtig - Völkerschlachtdenkmal in Leipzig nach Wolkenbruch.

Stirb Langsam, Teil Nichts!

Das furorlose große Seniorenmenu
Es strotzt vor Geschmack eines "Tout est perdu"
Und eigner Überkommenheit

Man kleckert sich lecker durch kleine Portionen
So lange wir über der Erdkruste wohnen
Wenn der Mund auch schon voll ist - das Schlucken braucht Zeit!

Die vergebliche Hege des Ausgedienten
Schwingt zwischen Gewohnheit und Liebhaberei
Im Fond des nach etlichen Brüchen geschienten
Hechelnden Lächelns nach Ehrungenbrei ...

Doch kommt da nix, ohweiohwei!

Nein,
Mit drei Mai Thai und Heiteitei
Wirbt man nun frech um unser Lob
Berechnet Erbanteile, grob

Städtetourismus & das zweihundertachtundsiebzigste Gedicht

Im Gras liegen

Mein Gebiet.

Von Städten

Es gibt Städte, dort baut man mit größeren Steinen
Weshalb auch die Städte viel größer erscheinen

Es gibt Städte, da siehst du nur mächtige Türen
So möchten sie dich, Bursch, zum Diebstahl verführen

Es gibt Städte, in denen läuft nichts ohne Grund
Dort wird man dich fragen: Was willst du hier? Und

Es gibt Städte, da geht man am besten nicht hin

Und dann gibt's noch die Stadt, in der ich immer bin
Aber frag nicht, ob ich vielleicht Zeit für dich hätte

Es gibt keine Zeit in dem Dickicht der Städte

Stuttgarter Kickers & das zweihundertsiebenundsiebzigste Gedicht

Stuttgarter Kickers GAZI-Stadion

Nach dem Wald ins Stadion. Ich reiche dazu ein dem Rahmen gemäßes Herrengedicht.

Verständnis, Miss!

Du forderst "Gleichberechtigung!"
Und scheinst dabei etwas gehetzt
Dreht sich doch die Welt mit geordertem Schwung
Du sagtest ja Gleich und nicht Jetzt

Unter Birken & das zweihundertsechsundsiebzigste Gedicht

Landpark Lauenbrück

Open Air im Landpark. Mit Wald.

Die kleinen Stämme

Wir gerippigen Bäume können nicht richtig schwingen
Wir wippen und kippen dann um, doch wir singen:
"Wenn jeder hier mitmacht, dann schaffen wir Wald
Und sind uns einander bezweigend ein Halt!"

Doch sind wir es nur vorübergehend
Schon stürmt ein Wind, uns niedermähend
Den Schwunggewandten Platz zu bereiten
Welche in die geschaffenen Astlöcher gleiten

Wir wippen und kippen, wir steh'n hier nicht lang
Wenn wir auf was stolz sind, ist's unser Gesang

Lauenbrück & das zweihundertfünfundsiebzigste Gedicht

Landpark Lauenbrück

Gäste im Abseits beim Poetry Slam im Landpark Lauenbrück.

Unter Tieren

Die Tiere sind immer in ihren Verstecken
Was sich unbedacht zeigt, wird schnell niedergestreckt
Der Wald wird Gewehrlauf und Fangzähne blecken
Wo ein Schnäuzchen zu weit sich in Lichtungen reckt

Die Tiere sind immer in ihren Verstecken
Sie sind nicht zu sehen und doch sind sie da
In blickdichten Dickichten nicht zu entdecken
Ihr'n Fluchtinstinkt zügelnd bei nah'nder Gefahr

Doch Angstschweiß verrät die Gedanken der Tiere
Ein spähender Blick streift die Fährte zum Bau
Die knurrenden Mägen markieren Reviere
Und Anwesenheit spürt ein Jäger genau

Dann schnellt eine Kralle ins Herz einer Höhle
Gellt ein Schuss, kläfft die siegreiche Jägersmann-Töle
Werden Kobel und Nester von Glut überfallen
Und Blutrunst durchstöbert die heim'ligen Hallen ...

Doch die Tiere sind immer in ihren Verstecken
Es werden Verluste und Wunden beleckt
Kurz ohne ein Heim und ermattet vom Schrecken
Besteht eine Welt, die ist bestens versteckt

Grillrost & das zweihundertvierundsiebzigste Gedicht

Isarauen

Grillzonen und Räucherkammern in den Isarauen.

Was bleibt

Begrabt mich zwischen zwei Semmelhälften auf den Grillplatzbereichen der Isarauen!
Dort mag ich die Marinaden ausbaden und wampenfetttriefend ein T-Shirt einsauen
"Ach, Scheiß! Das gibt 'nen Megafleck ...!"
Ich weiß. Der geht auch nicht mehr weg.

Auf der Durchreise & das zweihundertdreiundsiebzigste Gedicht

Rheintal Zugstrecke

Auf dem Weg nach/über Stuttgart. Jetzt nur Zwischenstopp, Sonntag bereits Tourstation.

Die Heldenhaften

Well, i stood grad
Dort in Stuttgart
Für den brüchigsten Bruchteil von einem Moment
Von Umstieg und Zustieg zur Heimfahrt getrennt ...

Hinter mir im Bleibenswerten
Treiben all die Umgekehrten
Rütteln am Baugerüst meines Entschlusses ...

Jeder Waggon scheint ein Wagnis, man muss es
Tun
Nun
Sitz ich im Zug
Die Willenskraft war wieder saftig genug!

Und schmeckt der Triumph meiner Tat auch recht schal
(Es war ja nur Stuttgart!) - das ist mir egal ...

Rheinwasser & das zweihundertzweiundsiebzigste Gedicht

Mosel bei Koblenz

Moselschwimmer, vom Schönfärber verwöhnt. Und ein Rheingedicht. Mit Gruß aus Koblenz.

Treibgut (darum ist es am Rhein so schön)

Dass ein alter und schmutzigschauriger Fluss
Im Tal der Romantik sehr traurig sein muss
Mag jeder nach Stimmigkeit Dürstende glauben
(Und niemand soll hier ihm die Zuversicht rauben)

Auch zur Schmach der Dramaturgen
Schauen Fachwerk, Wein und Burgen
Auf die brackigbraunste Brühe
Die als Fahrtweg nur beliebt
Weil es all das andre gibt

Ach, leidige Idyllen-Mühe!
Da am stärksten dich genießen
Die sich dreist und mit Genuss
Ins gemachte Flussbett gießen
Nivelliert vom Überfluss

Badewasser & das zweihunderteinundsiebzigste Gedicht

Isarwehr

Spielverderber an der Isar.

Dogmendog

In Sommerfrischen denke nicht / an Kirchen im November!
Weil deren Todesnähe ist / durch Phantasie nicht dämmbar
Lass dir kein X für's U andreh'n
Setzt auch die Welt aufs Schnellversteh'n
Und schreibt auf Fassaden "Hier: Vier dünne Risse!"
So steht es im Sketch-Bxch, ist gleichsam Kulisse
Bleib das, was du denkst - wenn auch alles vergisst
Dass längst noch nicht November ist

Publikum & das zweihundertsiebzigste Gedicht

Fesselballon über dem Englischen Garten

Oben: Idylle. Unten: Abgründe.

Poetry Slam

Diese Masse an Menschen! Und alle verdauen!
Wie sollt' als Ästhet ich mich nun noch getrauen
In diesen Morastpulk mein Lied zu versenken
Da alle an Glied- oder Scheidenstrom denken
Um schon in der Pause ein Meer voller Pisse
In Kübel zu strullern? Wo ich doch gewisse
Ideale von Schönheit zu gern propagiere ...
Vor Körpern, den'n Kotknetung und Uriniere
Das einzige Gebot der Zeit
Führt solcher Anspruch bloß zu Leid

Drum geh nicht den Weg über weit're Verkopfung
Sondern quäle die andern und sorg für Verstopfung!

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