Staatsoperhaupt & das eintausendeinhunderteinunddreißigste Gedicht

Decke vom Nationaltheater der Bayerischen Staatsoper

Lebe wild und so

Auf den Punkt, ab dem die Zerstörung beginnt,
Verweist nicht der Druck wunder Stellen!

Er ist wie ein hinterrücks schlüpfendes Kind -
Das das Beißen doch meisternde Bellen.

Es lohnt nicht, darauf achtzugeben -
Drum mahn dich, nicht zu sacht zu leben!

Restplätze & das eintausendeinhundertdreißigste Gedicht

Stuhlreihen im Nationaltheater der Bayerischen Staatsoper

Zum Output

Plagt mich die Angst vorm leeren Blatt?
Ich sage: "Nö." - das Blatt bölkt: "Wat?!
Der Herr hier ist doch voll der Schisser,
Vor Leere In-die-Hos-sich-Pisser!
Wär er nicht von solch Angst getrieben -
Wir wär'n noch beide unbeschrieben!"

Resteisdecke & das eintausendeinhundertneunundzwanzigste Gedicht

Kanal im Englischen Garten

Der Sargträger entdeckt einen Unterschlüpfer

... und er sagt:
Es ist untersagt,
Sich unter den Sarg zu begeben!
Denn
Wenn nun der Sarg
Unzerzagt
Unvermittelt runtersackt,
Zahlst du's
Mit dem Leben!

Kühler Grund & das eintausendeinhundertachtundzwanzigste Gedicht

Am Isarufer bei Thalkirchen

In einem kühlen Grunde

Es scheint schon bedrückend, wie Dinge zerschwinden,
Die vor ein paar Jahren noch Selbstverstand hatten,
Seuft's mich, angelehnt an den ewigen Rinden
Der Wälder, zermürbt von den Wanderdebatten.

Im Drinnen fehlt mir jetzt fürs Bleiben zu viel.
Aber hier kann ich auch nicht verweilen.
Als Erstes von Manchem zerschwand wohl mein Ziel.
Und mit euch kann ich keines mehr teilen.

Outletcity & das eintausendeinhundertsiebenundzwanzigste Gedicht

Metzingen Outletcity

Der alte Mr. Ungefragt (und seine Kleider)

Vermögen die Moden dich nicht mehr zu kleiden
Und lassen die Trends dich nur elendig leiden?
Bleib nackt.
Sei pur und unverzagt -
Du hast noch nicht genug gewagt.
Lass den Sack immer sichtbar auf Tischplatten liegen
Und die Welt einen Würgreiz vom Fischgeruch kriegen!
Bewahr unbekümmert dir deine Manieren!
Dich muss niemands Meinungen interessieren!
Sei nackt.
Bleib Mr. Ungefragt -
Du hast noch nicht genug gewagt.

Ritter Sport & das eintausendeinhundertsechsundzwanzigste Gedicht

Ritter Sport Museum in Waldenbuch

Enge

Überm Kerkerverkehr einer Schwabenhausstadt
Schwebt der Wunsch nach Schokolade.
Jemand furzt in die Häuserschlucht maultaschensatt,
Eine Fee flüstert resigniert: "Schade!"

Schäfflertanz & das eintausendeinhundertfünfundzwanzigste Gedicht

Schäfflertanz 2019 am Josephsplatz

Dieser Songtext greift schon mal ein wenig vor. Aber was wir haben, das haben wir. Die letzten Nächte der Westend Bohème werden dann ab September 2019 monatlich begangen!

Die letzten Nächte der Westend Bohème

Wenn das Licht versinkt
Und vom Gerüst der Hackerbrück' mit
Angebroch'nen Weinflaschen die Trecks gen Westend zieh'n

Durch die Bergmann hinkt
'ne cowboylose Tölenkrücke
So als hätt' die Straße etwas Sehnsucht nach Berlin

Da grüßen wir noch eben
Den Rest vom süßen Leben
In jedem "Grüß di/Servus!" weht ja auch ein ...
Hauch von Abschied

Refr.: Denn was heut so gut beginnt, könnte morgen schon vorbei sein!
Der DJ schwankt noch zwischen Sex Pistols und Wham
Es ist vielleicht nicht die, aber sicherlich schon eine
Der letzten Nächte der Westend Bohème

Die letzte Runde dreht
Und ein verirrter Wies'n-Touri
Trinkt mit dir am Tresen selig seinen dritten Schnitt

Der Plan zum Neubau steht
Die Umlaufbahn von dem Saturn ist
Topsaniert und jeder fragt sich, komm'n wir da noch mit?

Da grüßen wir noch eben
Den Rest vom süßen Leben
In jedem "Grüß di/Servus!" weht ja auch ein ...
Hauch von Abschied

Maxvorstadt & das eintausendeinhundertvierundzwanzigste Gedicht

Alter Nordfriedhof München

Über Boten

Es schmiegt sich der tote
Griechische Bote
So schmuck in die Stunde
Nach Nachricht der Kunde
Vom Schicksalsschlagschlick Soundso.

Geschickt hetzte er zum Orte
Seiner letzten Worte
Mit der Loslast vom ungern Gehörten -
Jetzt mimt er den schwungvoll Zerstörten.

Gehört als Brauch ja auch zur Show.

Schneefall & das eintausendeinhundertdreiundzwanzigste Gedicht

Alter Nordfriedhof München

Das feinste Übel

Auf edlen Kredenzen und Anrichtemöbeln
Berserkernd wedelnd herumba!zupöbeln,
Um dann doch aller Schönheit die Schönheit zu lassen -
Spürend, ein Mehrheitchen wird dich jetzt hassen,
Ist für mich das feinste Übel,
Festigt meines Daseins Dübel.

Wo dennoch Teures runterfällt,
Ist's die Schuld von eurer Welt!

Kettwiger & das eintausendeinhundertzweiundzwanzigste Gedicht

Blick auf den Einstieg zur Fußgängerzone Kettwiger Straße

Ripostegedicht zu der "Lederhosen-Saga" von Börries von Münchhausen.

Lederhosen-Saga 2.0

Vaters Hose harrt noch immer
Blutgehärtet am Kamin,
Und der Wunsch dröhnt durch das Zimmer,
Sie mal wieder anzuzieh'n!
Als ein Spross vom Stamm der Reiter
Führt man die Geschichte weiter!
Die Schlächter kommen, die Schlächter vergehen -
Hirschlederne Reithosen bleiben bestehen!

Das erste Blut ist, frisch geschossen,
Aus jenem armen Hirsch geflossen.
Mit Waidmannsheil in grüner Tracht -
Wie man das unter Jägern macht.
Schon effektiver stahl man Leben
Beim Treffen in den Schützengräben,
Wo man in grauen Uniformen
Und Abschlachtlaune mit enormen
Schmiss die Hose hieß zu gerben,
Um patiniert sie zu vererben.
Von Schweiß und Schlamm wie Matsch verdreckt,
Von Blut und großer Schuld befleckt.
Die Zügel konnt' man uns entzieh'n -
Doch nicht die Hose am Kamin.

Und nur ein Gen'ratiönchen später
Ward man Wiederholungstäter.
Braunbehost kläfft man // Von Rassenverpflichtung,
Fühlt sich gotterkoren // Zur Massenvernichtung.
Das heilige Beinkleid, // Vom Blut reich gesotten -
Mög'n auch die Gebeine // Im Schlachtfeld verrotten!
Es steht im Ahnenbuch der Väter:
Uns bleibt die Aussicht auf ein Später!
Denn Schlächter kommen und Schlächter vergehen -
Hirschlederne Reithosen bleiben bestehen!

Schon bringt sich neues Volk in Pose
In altbewährter Reiterhose.
Und wie Münchhausen auch erwägt,
Die Farbe nun ins Blaue schlägt:
Man ist das Leben als Passant satt,
Will zeigen, wer die Hosen anhat!
Denn wir gehör'n zum Stamm der Reiter
Und führen die Geschichte weiter!
Der Wald wägt ab: Was ist den Blauen
An Blutverwandtschaft zuzutrauen?

Mag sein, man wechselt die Methoden
Die Farbnuance bei Hosenmoden:
Doch ewig glänzt des Leders Speck -
Den kriegt auch keiner davon weg!
Die Schlächter kommen, die Schlächter vergehen -
Hirschlederne Reithosen bleiben bestehen!

Und diese Geschichte fing früh schon schlecht an, denn
Dem Hirsch - hat die Hose am besten gestanden.

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