Wasser

Verse für die Phlegmatiker, denen man Wasser, Winter, Nacht, Baby- und Greisenalter zuordnet.
Die beschreibenden und erzählenden Gedichte.
Von der Naturlyrik bis zu allen Längenvarianten der Ballade.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Orange Sassari & das hundertvierzigste Gedicht

Sassari Altstadt

Palmen und Orangenbäume, dazwischen Parkplätze. Schöne Alternativen zum nordeuropäischen Normstraßenbaum.

Straßenbaum im Frühling

Im Apfelsinenblütenduft
Spürst du wellnessnahes Erahnen
Das tapfre Bienen zu sich ruft
Den Napf früchtelnd süßen Geruchs zu umgarnen
Dessen süffig' Aroma die Straßen besprüht
Und allüberall auf Asphaltflächen glüht

Sardinien & das hundertsechsunddreißigste Gedicht

Bahnfahrt Sardinien

Angekommen.

Das Landen auf Inseln

Wenn die Linie der Küste sich sichtbar erstreckt
Und das Meer türkisgrünend den Gelbrand beleckt
Querst du erstmal das Füllhorn an landiger Masse
(Sofern du nicht falschseitig ohne Gewähr bist
Nur siehst, dass das Meer halt noch immer ein Meer ist)
Was hieraufhin folgt, ist 'ne bauchmulmig krasse
Kurve, durch die Meer und Himmel verschwimmen
Im taumelnden Glauben, dies möge so stimmen
Fliegt man schiefer und schiefer
Und taucht immer tiefer
Dann macht die Maschine recht fremde Geräusche
Ist das noch in Ordnung? Klingt nicht so - ich täusche
Mich da hoffentlich ... und: ja!
Hier ist der Boden, wir sind da.

Helsingin Yöt & das hundertsechsundzwanzigste Gedicht

Helsinki Domplatz

Das letzte Gedicht aus Helsinki. Zu den letzten Stunden des Tages. Oder den ersten Stunden der Nacht. Und dem fehlenden Unterschied.

Das nicht schwindende Tageslicht des Nordens

Nachts sind alle Straßen blau ...

Als stünde der Tag da noch grade im Stau
Auf seinem Weg ins All zurück

Doch spart er sich das letzte Stück
Und bläut hinein in schwarze Nacht
Man freut sich, dass er das so macht

Auch Reiseweg-technisch scheint es äußerst schlau:
Das Dunkel durchströmende nordische Blau

Schären & das hundertfünfundzwanzigste Gedicht

Schären

Noch mehr vom Vortage: Schärenmaterial.

Die Felsen der Schären

Diese unverwandt wasserhervorigen Steine
Sind seltsam glatt und weichgestalt
Beinahe organischen Ursprungs. Ich meine
Auch, dass sich bei Sonnenbescheinung recht bald
Aus dem Innersten mählich die Steinhaut erwärmt
Und Grad um Grad Körper die Poren beschwärmt
Das kenn' ich von Reptilien
Die bis zum Temp'raturbehag
Strecken sich zur Sonne hin
Erst dann bereit sind für den Tag

Nennt mich sehr gern einen Voll-Übertreiber
Doch vielleicht sind's versteinerte Saurierleiber!?
Diese Felsen in Wasser und sonnigem Scheine
Sind einfach zu seltsam für "einfach nur Steine"

Aber irgendwas müssen die Felsen ja sein
Vielleicht also Saurier. Gefällt euch das? Nein?

Warmes Helsinki & das hundertzweiundzwanzigste Gedicht

Helsinki

Der dritte Tag war dann wieder schön.

Warm

Nichts ist so warm wie der Tag nach dem Tag nach dem Tag des gebrochenen Sommerversprechens
Man strauchelt zurück an den Ort des Verbrechens
Und ich wag und ich wag und ich mag es kaum hoffen
Hinterm Vorhang steht einer und ruft: Überraschung!
Das Ende des Vorgangs steht immer noch offen
Ich sag mir: Nu lüg dir nich selbs in die Tasch, Jung!
Es ist noch nicht Sommer, komm, bild dir nichts ein!

Doch allein von der Wärme, da könnt er's fast sein ...

Birken & das hundertundzwanzigste Gedicht

Birken

Der zweite Tag in Finnland ist recht grau. So grau, dass sich auch die Bäume auf Schwarz-Weiß beschränken

Die Birken

Als der Leopard ums Zebra
Zärtlich seine Arme warf
War den Amourierten eh klar
Dass man derlei gar nicht darf

Doch Leo sagt Zebi - den Huf in der Pfote:
Ein Zweig wahrer Liebe entmachtet Verbote!

Seitdem wächst für der beiden Traum
Sogar auf kargem Grund ein Baum
Die Fellmuster beider Tiere vereinend
Die Grenze zu dem, was nicht sein kann, verneinend

Singet nun ein Lob den Birken
Und sagt's auch den andern Tierken!

Piroggen & das hundertundneunzehnte Gedicht

Kaivopuisto

Die Karelische Pirogge (Pirakka) ist hier eine wichtige Grundlage meiner tagtäglichen Mästung. Gerne in ihrer schmucklosen Urform. Warum eigentlich?

Pirakka

Die Pirakka schmeckt wie ein junges Versprechen

Die Geschmacksknospen maulen: "Öhm, kommt da noch was?!"
Wenn roggenmehlsämig Erwartungen brechen
Döst nur noch die Haptik zu geltendem Maß

So würzt Zurückgenommenheit
Dies kleine Stück Vollkommenheit
Zu 'nem Etwas, das wie nichts fast schmeckt
Macht die mulmige Speise
Zum Start einer Reise
Auf der man nicht einfach von selbst was entdeckt

Resteis & das hundertundachtzehnte Gedicht

Helsinki

Trotz frühlings- bis sommerhaften Wetters sind die Parks noch voller Schneereste. Und die Eisflächen um die Schären sind gerade mal brüchig geworden.

Die Tage vor dem Tauen

Nun ist das Eis zwischen uns endlich geschmolzen
Jetzt gilt es, den Inselwald niederzuholzen
Um taugliche Kanus für Fahrten zu bauen
Die wir in Tagen vor dem Tauen
Problemlos bewältigt mit kindlichen Schlitten

Mag sein, es war Kälte, auf der wir da glitten

Taubenschlag & das hundertundvierzehnte Gedicht

Tauben aus Amsterdam

Ein Gedicht zur Rehabilitation der Taube.

Die Tauben und wir

Was hat dich die Taube zu hassen gelernt
Dein Schnurren so krass weit vom Gurren entfernt?

Wann störte uns jemals die ungalante
Trippelpickend dicke Tante
Dass man diesen Vogel so kregel unliked
Und nur noch Ekel in uns aufsteigt
Wenn der ungeschickt Flatternde knapp uns verfehlt
Aus dem Garten der Grazie die Unformen wählt?

So erscheint uns ihr Flug nie ganz Vogel genug
Übt die Taube am Zauber des Fliegens Betrug
Ist mehr hektischer Zweck denn ein lautloses Schweben
Ihr geht's nicht um Freiheit, sie will überleben
Sie ziert sich nicht, in unsrer Nähe zu nisten
In Dreck und in Unrat ihr Dasein zu fristen

Nun, wenn der Mensch ein Vogel wär'
Käm' er dieser Spezies vor anderen näh'r

Uns schmeichelte fraglos das Grau der Taube
Das suchende Huschen und Kreuchen im Staube
Auch in puncto Plumpheit gäb's null Differenzen
Nur am Hals würden wir dann wohl nicht so schön glänzen

Marienbad & das hundertundzwölfte Gedicht

Marienbad

Ein Lob dem Schaumbad aus der Bademantelzone Mariánské Lázně.

Im Bade

Ich lass mich von dir ganz umfließen
Du sollst mir Raum, nicht Wasser sein
Wie ließe sich das Selbst genießen
Wenn nicht getunkt in Wärme rein-
-er Duftschauminseltauchstationen?
Dort schweigt die Stille von Äonen
Schon flieht die Hektik des Tages, geschlagen
Und mit ihr die Hektik von anderen Tagen

Man weiß
Die nahende Kälte erahnend
Dies Glück kann nicht von Dauer sein
So preis'
Die labende Gnade des Badens
Und sinke tief, tief in ihr ein

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