Wasser

Verse für die Phlegmatiker, denen man Wasser, Winter, Nacht, Baby- und Greisenalter zuordnet.
Die beschreibenden und erzählenden Gedichte.
Von der Naturlyrik bis zu allen Längenvarianten der Ballade.

Sollte Ihnen ein hier eingereihtes Gedicht eher den anderen Kategorien Erde, Luft oder Feuer entsprechen, bitte ich, mir eine Nachricht über www.hirnpoma.de zukommen zu lassen!

Giusto Trento & das zweitausendzweihundertachtundzwanzigste Gedicht

Auf der Faschingskirmes in Trient

Erster Frühlingshauch

Endlich kommt die Sonne raus
Und ein Hauch von Wonne saus-
...ssst in Glied und Glieder.

Knospend schmiegt sich Lipp an Lipp
Und des Frühlings Wiege wipp-
...pppt ins Vida wieder.

Und ein erster Wärmeknuff
Walkt uns Körper - endlich Luf-
...ffft im Wulst der Vulven!

Alles neckt sich nackt und keck,
Wenn die Scham den Charme entdeck-
...kkkt als Felix-Krull-Fan.

Zweitgarderobe & das zweitausendzweihundertdreiundzwanzigste Gedicht

Umrankter Baum im Botanischen Garten München

Ripostegedicht zum Text "Natur" von Robert Gernhardt

Korrektur der Schieflage (Mensch-Baum-Gefälle)

Es legt beim Menschen-Baum-Gefälle,
Steht man vorm Fall an fal(l)scher Stelle,
Der fall'nde Baum den Fäller um
(klar, das gefällt dem Publikum ...).

Jetzt, da sich beide nicht mehr regen,
Beschließen Sägen, letzte Segen
Die Daseins unter freier Luft -
Es geht gemeinsam in die Gruft:

Ein Schreiner flext das Baumgebein
Zum bettgerechten Bretterschrein,
Und was vom Mensch man zsammgeharkt,
Wird dann in jenem eingesargt.

War einst dem Mensch der Baum ein Gast,
Gibt jener jenem nun ein Heim.

Fällt euch was auf? - Das klingt doch fast
Wie'n gefällig
Sich schließender,
Astreiner Reim.

Zarenhof Prenzlberg & das zweitausendzweihundertzwanzigste Gedicht

Innenhof vom Hotel Zarenhof Prenzlauer Berg

Otis Panoramaaufzug

Der Lift im Berliner Hauptbahnhof
Ist die lahmste Praline der Welt -
Man spürt auf der Fahrt: "Ich bin auch Philosoph"
Und bestaunt, wo der überall hält.

Das auf ewig verzögerte Öffnen der Türen
Will hier einen Maestro der Langsamkeit küren.
Das Schließen verschlingt sogleich ähnlich viel Zeit -
Und lang darauf ist man dann abfahrtbereit.

Ich weiß ganz bestimmt, dass Berlin viele hassen.

Wer den Aufzug nimmt, wird es sobald nicht verlassen.

Pantheon & das zweitausendzweihundertsiebzehnte Gedicht

Zuschauerraum vom Pantheon Bonn

Bonner Elegie

Die Allee der betrunkenen Kanzler a. D.
Verliert sich im Dunst der konturlosen Spree,
Vereidigt ganz stoisch ihr sehr kleines Hier,
Verteidigt ihr weiland verlor'nes Revier.

Der 1-EuroShop postet "Mer hams überstanden!"
Und meldet verrostete Limos abhanden.

Nachbarn & das zweitausendzweihundertdreizehnte Gedicht

Skyline am Schloss Nymphenburg

Ripostegedicht auf "Das Eichhörnchen und der gestillte Hunger" von Elke Bräunling

Das Eichhörnchen und der gestillte Hunger

Das Eichhörnchen mag faul zwar sein
Und ungerecht zu andern
Und dennoch kann's mit Stolz allein
Durch Wald und Wiesen wandern,
Denn ein Charakterdefizit
Verdirbt uns nicht den Appetit.

Doch rattige Beweglichkeit
Bewirkt, dass man „Boah, eklig!“ schreit.
Trotz Body-Positivity
Verstummt nie unser Hang zum „Iieh!“
In Treu- wie auch in Redlichkeit
Übt sich dies Tier vergebens
Von Abscheu wie auch Schädlichkeit
Trübt sich sein Lauf des Lebens.

Wer da jetzt seufzt, das sei nicht fair -
Der äußert sich bedeutungsleer.
Denn nichts Neues ist, dass uns nur gilt
Das äußere Erscheinungsbild.

Bereits beim Faktor Schwanzvergleich -
Hier nackt verschorft, dort plüschig weich -
Zeigt sich, da tun sich Welten auf.
Und so löst sich's nicht selten auf:

Ist erst das Eichhorn halbwegs satt,
Solch Freundschaft bald ein Ende hat.
Schnell wird's dem Nest der Ratte weichen
Und lästern unter Seinesgleichen.

Unerwartetes Obst & das zweitausendzweihundertzwölfte Gedicht

Arkadendach im Botanischen Garten München

Zögerlicher Neustart

Das erste ernsthafte Gedicht
Schaut scheu ins neue Jahr.
Wovon es handelt, weiß es nicht -
Weil fast noch nichts geschah.

Es sieht sich nicht mal in der Pflicht,
Es stelle etwas klar -
Es schreibt ganz schlicht sich hin und spricht:
Seht her, nun bin ich da!

Totenstille & das zweitausendzweihundertneunte Gedicht

Alter Nordfriedhof im Schnee

Selbstversendlichkeit

Boah, ist das dunkel, wenn nirgendwo Licht ist!
Ortlos die Welt, in der dies kein Gedicht ist:
Worte, die Klang über Klang sich entblößen;
Nirgendwo misst wer die Buchstabengrößen.

Wortlosigkeit bohrt sich tief in die Stille -
Irgendwo ortbar zumindest der Wille,
Dass man der Buchstaben oberste Schicht misst.
Boah, ist das dunkel, wenn nirgendwo Licht ist!

Weihnachtsdorf im Kaiserhof & das zweitausendzweihundertdritte Gedicht

Weihnachtsdorf im Kaiserhof der Münchner Residenz

Alle Jahre wieder

Und wieder muss Weihnacht die Kleinsten verzücken,
Die nochmals ein Jahr gen Erwachsensein rücken,
Hernach bald schon Vater und Mutter verlieren,
Dann selbst - jüngst verstorben - die Ahnenwand zieren.

Drum fährt beim "Alle Jahre wieder"
Ringsum ein Schrecken in die Glieder.

Vor Einlass & das zweitausendeinhundertneunzigste Gedicht

Im Saal X vom HP 8 vom neuen Gasteig München

Vorahnung des Nachspiels

Drunten in der Gletschertasche
Schlummert die vergess‘ne Asche
Von in Zaubershows zersägten
Freiwillig erwählten Mägden.

Und der Jet-Stream brummt sein „Schade!“
Aus verstetigter Blockade,
Da die Surfboys sich verkühlen,
Wenn sie sich gen Wellen wühlen.

Es bedumpft Korallenbleiche
Einstmals munt‘re Stallbereiche,
Wo nun Bauern sich entleeren
Über sprungbereiten Scheren.

Essen-Überquerung & das zweitausendeinhundertfünfundachtzigste Gedicht

Kraniche überm Ruhgebiet

Wink gen Afrika

Wenn die Kraniche bald schon in Afrika landen,
Im warmen Matsch dortiger Flußbänke stranden
Und sonnenbefönt vom Erlebten erzählen
(auch interessant: Welche Sprache sie wählen?!),
Wie stieg wohl das Fieber der heimischen Fauna,
Die just überlebte 'ne Bruthöllensauna?

Wir zieh'n durch die Welt, glauben Krisen zu kennen -
Aber uns winkt die Wahl, uns von diesen zu trennen.

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