Internet & Technik

Machinengedichte und New Media in neuen Metren und alten Formen.

Quartier 206 & das siebenhundertachtzigste Gedicht

Quartier 206 Berlin

Ripostegedicht zum Text "Hohes Gericht" von Waalkes/Gernhardt/Knorr/Eilert.

Hohes Gericht 2.0

Angemahnter,
Sie werd'n von uns mit Buh!s vertaggt, weil Ihr Post einen Spusi neckt!

Ich hab den Spusi nicht geneckt, mich hat nur nach Genuss von Sekt
Wohl ein gewisser Bruce gehackt, der mein Profil mit Schmus befleckt -
Und das hat dann die Buhs geweckt!

Sie haben aber in Ihren Kommentaren ganz andere Angaben gemacht!
Ich zitiere wörtlich:
"Ich habe grad mit Blues entdeckt, dass jemand meine Muse deckt,
Sich keck nach ihrem Busen reckt, und innert eines Nus gecheckt,
dass dahinter mein Spusi steckt!"
Das wurde doch auch so geliket!?
Herr Zeuge, können Sie das bestätigen?

Nee, das ist nur diffus korrekt ...
Ich hatt' mich hinter Gnus versteckt und grad meine To-Dos gecheckt,
Da hat mich was am Fuß geleckt, der sicherlich ganz grus'lig schmeckt...

Das tut doch überhaupt nichts zur Sache!

Doch!
Der allgemeine User checkt ja nicht, was so ein Bruce ausheckt,
der alle CPU's verdreckt mit irgendwelchem Fuselsekt!

Jetzt reicht's aber!
Im Namen der Community,
wenn einer seinen Spusi trackt, dass der an seiner Muse leckt,
und dann in der'n Geschmuse hackt, dann weil in ihm ein Loser steckt!
Wenn er jedoch Diffuses swaggt und sanft Beate Uhse weckt,
Ihn keinesfalls Abstruses schreckt - dann sagen wir zum Gruß: "Korrekt!"
Wir schauen, wo der Newsfluss leckt und hoffen, dass der Bruce verreckt!
Wem der Spruch zu konfus, der eckt mit allen andern finster an,
Das Weit're dann auf Instagram, das hohe Gericht zieht sich zum Binge Watching zurück,
Das Urteil lautet: Shitstorm!

Virtualiösität & das siebenhundertneunundvierzigste Gedicht

U-Bahnhof Giselastraße

Der Jüngling und das Mädchen am Fenster

Heute bin ich displaytrunken
Tief in ihr Profil versunken
Spürt' ihr sternenklares Schimmern
Über meine Netzhaut flimmern

Über Netz und Netz verbunden
Schwelgte ich für fast zwei Stunden

Oh nähr', treuer Akku, du weiter dies Märchen
Und still' die im Stillen behausten Begehrchen

Wohin die Geschicke uns fortan auch treiben
Sie wird ewig
In der Chronik
Meines ersten Browsers bleiben

Tor 24, 24 Zeilen & das siebenhundertachtunddreißigste Gedicht

Weihnachten in der Karibik

A Christmas Carol

Umbrandet vom üblichen Weihnachtsgeschwafel
Sitzt festlich gewandet der Bub an der Tafel
Unverwandt im Bann des Drangs
Das Ziel des Stilles-Örtchen-Gangs
Zum Anlass zu nehmen, mal online zu gehen

"Mensch, kannst du dem nicht einmal heut widerstehen?!"
Mahnt der Geist der Weihnacht der Gegenwart
Der diesen Schritt zu überlegen erbat
Weil die Zeit, die man sich fürs "Schnell Mails checken!" borgt
Den Rest der Gesellschaft beschämt und besorgt

"Du fühltest als Kind doch", ergänzt nun der Geist
Der vergangenen Weihnacht, "dich fast wie verwaist
Wenn zum Fest nicht mit Ernst und mit Aufmerksamkeit
(und natürlich Geschenken!) bespickt war die Zeit!
Zahlst du nun die Gänze vom kindlichen Glück
In knapp portionierten Momenten zurück?!"

Und der für die Zukunft zuständige Geist
Zeigt, was das für kommende Weihnachten heißt:
"Da zahlst du dann für virtuelle Zeit
Mit sehr realer Einsamkeit!
Und mailst nur noch per send & bounce
Mit Werbebots und Fake Accounts!"

Da grimmt der Bub nicht mehr länger der Tafel
Und stimmt mit ein in das Geschwafel ...

Tor 6 & das siebenhundertzwanzigste Gedicht

Berlin Spreeufer

Die Mysterien der Chinesischen Raumfahrt

Die Chinesen hab'n einst diese Mauer erbaut
dass irgendwann ein Taikonaut
vom Weltall auf die Erde schaut
und funkt: "Can see it – man, I'm proud!"

Ob Mao, ob Mauer (verzeiht den Vergleich!)
viel scheint doch von Dauer im mittigen Reich

Friedensengel & das siebenhundertfünfte Gedicht

Friedensengel München

Der Tag daheim

An Social-Media-Aufgabenzwängen
Den Kern des Tagwerks aufzuhängen
Werde ich wohl bald bereuen

Doch noch kann mich der Zuspruch per Like-Klick erfreuen

Der Himmel über Essen & das sechshundertneunte Gedicht

Der Himmel über Essen

Schwuppdiekrupp

Schwupps – der Krupp vom Ruhrgebiet
Stillt den Wachstumsappetit,
Schickt den Stahl aus seinem Stall
Weltallweit ins Überall.
Von der höchsten Eisenbahn
Bis zum bösen Größenwahn –
Unser Krupp, der tut dat wuppen!
Macht Tuff-Tuff und tough die Truppen.

Aber nach zwei Weltkriegsrunden
Kann der Krupp nur kurz gesunden,
Stahl sich fort und ward vergessen:
Schwuppdiwupp, der Krupp aus Essen.

Brandhorst & das sechshundertsechste Gedicht

Fassade Museum Brandhorst

Übel der Wolken

Hab mein wartebalkenbeschädigtes Leben
Nun vollends der Willkür des Uploads ergeben

Nullbalkenparadies & das vierhundertsiebenundneunzigste Gedicht

Rincon Playa

Null Balken Ewigkeit

Das meiste der Welt findet hier gar nicht statt
Ich bekomm' hier noch nicht mal 'n Handysignal
Und doch gibt's hier Arten und Daseinsdruck satt
Erscheint ob der Vielfalt so vieles egal

Bald werd' ich mich wieder bei Facebook einloggen
Mir für einen Link-Wink die Seele ausbloggen
Als hätt' ich es nicht hier - fast schwelgend - genossen
Den Wellen zu lauschen
Dem schäumenden Rauschen
Im Off von den Strömen der Daten umflossen

Sirena River & das vierhundertdreiundneunzigste Gedicht

Krokodil im Corcovado NP

Noch von Schnorcheleindrücken und Fischmassen inspiriert - schon liegt Interessantes am gegenüberliegenden Ufer.

Mein Schwarm

Leib unter Leib und auf weiteren Leibern
Im Körperverbund mit den Neben-uns-Treibern
Sind wir eene Wolke und strotzen vor Kraft
Dank einverleibter Nachbarschaft

So gelingt sich-um-uns-reißenden Räubern
Nicht mehr als die Fasern des Randes zu säubern
Es ist eine Dummheit, doch schwächt nicht den Kern
Wenn manche sich zu weit entfer'n

Leib an Leib sind wir auch Teil unsrer Lücke
Und diese Bereitschaft ergänzende Stücke
Fürs Massenerleben gibt uns der Schwarm Raum
Als klar umgrenzter Küstentraum

Im Schwarm gibst du dir Sicherheit
Tauschst Einig- gegen Einsamkeit
Man baut vieles auf - außer Intelligenz
Denn er bringt nur hervor, was du selbst bereits kennz

Zeche Heinrich & das vierhundertdreiundvierzigste Gedicht

Zeche Heinrich Essen Überruhr Holthausen

Meine Maschinen

Meine Maschinen
Haben Turbinen
Haben die Stärke von mancherlei Pferden

Meine Maschinen
Sind fleißig wie Bienen
Liefern die Antwort auf "Wat soll dat werden?"

Meine Maschinen
Sind flott ausgespuckte
Schrottig gewordene Wegwerfprodukte

Meine Maschinen sind nachts oft allein
Und werden dir nie deine Skepsis verzeih'n

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