Gebäude & Urbanes

Gedichte, in denen Gebäude und Bauwerke oder städtische Areale die Hauptrolle spielen.

Alte Brücke & das eintausendeinhundertfünfzehnte Gedicht

Alte Aarebrücke von Olten

Brücken bei Nacht

Es ist nicht zu erkennen,
Was wir grad überwinden,
Wo sich die Ufer trennen
Und wo wir uns befinden.

Wir sind im Darüberstrom kanalisiert,
Erhöht vom massiven Vertrauen.

So wundre dich nicht, dass dein Wunsch irritiert,
Mal einmal nach unten zu schauen ...!

Davos & das eintausendeinhundertneunte Gedicht

Ausblick auf Davos Platz

Weltwirtschaftsgipfel

Man rüstet sich zum Legoland,
Dem Fetisch der Fassaden.
Das Mägdlein wird vom Herd verbannt
Und man fleht um die eigene Gnade.

Dambulla & das eintausendachtundsiebzigste Gedicht

Chipstüten am Straßenshop in Dambulla

Vom Duften

Heiße Luft bläht die Blüten der Chipstütenrispen
Und die Tuk Tuks hupen wie Grillenkonzerte

Wie viel kann der Duft aus den Straßenbaumknospen
An Süße und Orient noch für Nüsse verschenken?

Als gelte sein Zauber alleine dem Strömen

Im Mantel verwandelter Mädchenbrustknospen
Feiert seinen Bestand als das bald schon Verzehrte:

Die Luft in den Blüten der Chipstütenrispen

Lörrach & das eintausendzweiundfünfzigste Gedicht

Stilleben am Senser Platz in Lörrach

Schöpfer der Kleinstadtplastik

Als großer Mann der Kleinstadtplastik
Löst' ich mich vom Soll
Ich fall' hier niemandem zur Last - ich
Stell' nur alles voll

Auch wenn das von mir Aufgestellte
Man weder liebt noch hasst
Zeigt mir den Ort auf dieser Welt, zu
Dem solch' Ruch nicht passt!

Mauerpark & das eintausendeinundvierzigste Gedicht

Mauerpark Prenzlauer Berg

Im Mauerpark

Die Mauer ist weg
Und ein Park war's noch nie
Als "Ditt is'ma typisch Balin!"-Utopie
Dient dies Hier nur dem Zweck
Eurer Eifer-Verklappung
In zichtenverstummelter Karstüberlappung
Des Kronenkorkenwonderlands
Und manchmal spielen hier auch Bands!

Man ist der Frage vom "Warum?"
Ein gut gelauntes Publikum
Und zeigt per Selfie seinen Will'n
Im Restgras mächtig abzuchill'n
'was später kommen noch some friends
Und manchmal spielen hier auch Bands!

Ganz schocklos wird da abgekifft
Sehr locker hier, was das betrifft!
Oft hockt hier DJ-Prominenz!
Und manchmal legt von denen noch wer sein Set auf ...

Landschaftspark & das eintausendfünfunddreißigste Gedicht

Landschaftspark Nord

Linie 903

Gab's je genügend Traurigkeit
Sie diesem Ort zu spenden?

Caramba, Mutter, es wird Zeit:
Ich supp' schon vor Verenden!

Was an möglicher Schönheit hier degeneriert
Weil jegliches über- und unterdosiert
Kappt jeder Hoffnung Strang

Man säuselt der Besserung Segen entgegen
Vertäut mit nur einem von täusenden Wegen

Es däuert nur so lang

Petuelpark & das eintausendfünfundzwanzigste Gedicht

Reiterstandbild Go ! im Petuelpark München

Tandhaft

Es sind Haltestangen für Pferde
- auch wenn ich selbst nie eine nutzte -
So wichtig für unsere Erde
Als ein Tand, der sein Dasein ertrutzte

Neubaugebiet & das eintausenddreizehnte Gedicht

Neubaugebiet am Olympiapark

Der Müllsammler

Dieser Schuh wäre noch zu gebrauchen in anders geordneter Welt
Es schmettert der Sinnöden Fauchen, wenn's feintaktig Ambosse prellt
Die Äcker für schlechtes Gewissen sind unakrobatisch bestellt
In die Böschungen wird nicht gebissen, nur gesinnungsharmonisch gebellt
Hier könnt' sich ein Mögliches spannen über Sterne, Himmel und Zelt
Doch ohne Tat zieht es von dannen - ich bin's, der sich zu ihm gesellt!

Ich hege mein Abseits wie andre ihr Geld
So kann ich in Reichtümern tauchen
Als wäre in anders geordneter Welt
Ein solcher Schuh noch zu gebrauchen

Castel San Pietro & das eintausendvierte Gedicht

Blick auf Castel San Pietro

Die aufgegebene Fabrik

Die aufgegebene Fabrik
Flüstert immer noch Worte wie Kapazität
Auslastungsgrad oder Marktpotential
All die Willenskraft schwebt im Jahrhundertaspik
Und gerät in die Strömung vom Nu-is-egal

Des Gebäudes Geschichte ist längstens geschrieben
Und ein Mörtelstrang ragt aus der Wandnostalgie
Die Arbeit ward aus den Maschinen vertrieben
Und harrt auf den Neustart - ich wüsste nicht wie

Geschulterte Vermächtnisse
Ruh'n in unsteten Schreinen der Handlangerei
Untradiert über ein Handmanual
Doch die Fertigkeit stummer Gedächtnisse wiegt
Nur im Hain alter Mauern noch resthaft real

Wie den Eifer und Schliff noch im Guten vergeuden?
Allen Unterschied, den bald schon niemand mehr merkt?
Du wirkst für die Aura von toten Gebäuden
Und wirst von den Damalssekunden gestärkt

Burghausen & das neunhundertzwölfte Gedicht

Burghauen weltlängste Burg

Auf Burgbesuch

Jenes stur bewahrte Früher war dereinst ja auch ein Jetzt
Um's "Schaffe ich's in diese Burg rein?" hat man sich mal arg gefetzt

Dementsprechend eingemauert
Wurden Zeiten überdauert
Zwar trutzt die Feste immer noch
Doch killt die Distinktion ein Loch

Und alles Für- und Wieder-Erwägen über das Riskier'n von Qualen
Reduziert sich zu der Frage: "Willst du so viel Eintritt zahlen?"

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