Autor & Schreiben

Gedichte über das Schreiben, das Dichten und das Autorendasein.

Südfrüchte & das eintausendneunhundertsiebenundvierzigste Gedicht

Kakibaum am Ufer der Etsch bei Verona

Thermenpoem

Das Dichten unter Nackten ist
Mir recht oft schon gelungen.
Doch heut hat mich, vertrackt nochmal,
Nur Anblick angesprungen,
Der nicht zu überhören war -
Ich frag mich selbst, wie das geschah!

Es zerstörte ne Pofalte hier oder da
Mein versebeflissenes Treiben,
Da empörte ein Mulden entlockendes Haar
Mein sonst so hairoisches Schreiben!

Doch inmitten der Knospen, da spann sich ein Schatten,
Der warb um die rosigsten Worte.
Schien mir auch des Geistes Esprit zu ermatten -
Als Quelltrog der farbreichsten Worte
Sprudelte jene von Nichtlicht und Haut
Neusinnlich glitzernde Sicht.
Die von aller Nacktheit, die ich stumpf beschaut,
Prompt aufblitzt zu einem Gedicht.

Kulissen & das eintausendneunhundertsiebenunddreißigste Gedicht

Raum im Kunstlabor 2

Unter Zeitgenoss

Du drängst auf Bedeutung, so viel kann ich seh'n:
Fast flehentlich dräut der Befehl zu versteh'n
Ums Relevante, Importante.

Und das Nur-noch-nicht-Erkannte
Schiebt den Leichtsinn an den Rand.
Kerl, was bist du unentspannt!

Hier ist so viel Text!, Text!, Text! zwischen den Zeilen
Und fordert! Spaziergänger auf! zu verweilen.

Du nimmst statt der Dinge dich selber genau
Und salbaderst um alles Gewicht, gute Frau!

Doch der Dichtung Magie ist nicht berstender Wille,
Sondern hinter dem Zeilenschluss nistende Stille.

Burg Bentheim & das eintausendneunhundertzweiunddreißigste Gedicht

Burg Bentheim und Bismarck-Statue

Auf Lösungen!

Ich habe heut eine sehr schöne Idee
Aufgelöst in Alkohol,
Dessen Drang nach Zerstörung ich schlecht widersteh,
Ruft irgendwo ein Vers: „Zum Wohl!“

Es blieb bloß ein Rest von Rosinenteilgröße,
Umsudelt von keimigen Seim.
Mich schämte so sehr ob der Farce seiner Blöße,
Dass ich mir erspart jeden weiteren Reim!

Auf der Straße der Kasbahs & das eintausendneunhundertelfte Gedicht

Auf der Straße der Kasbahs

Wortbrüchig

Das Komma nimmt am Eingang Platz,
Wo das Geschwafel tagt.
Ich spreche einen halben Satz
Und alles ist gesagt.

Die Ruhe steht nicht im Vertrag -
Sie schlupft in Horizonte.
Wo sie im Weitaus mehr vermag,
Als mein Wort halten konnte.

Skoura & das eintausendneunhundertneunte Gedicht

Ausblich vom Marktplatz von der Berberstadt Skoura

Rasa rasa

Die Welt, sie bietet wieder nichts,
Was eine Andacht wäre.
Sie biegt vorm Anspruch des Gedichts
Ins lustlos Ungefähre.
„Wieder nichts Notizwürdiges,“ lautet die Notiz,
Kokettierend mit der grauen Chance auf einen Witz.

Abendrot über Skoura & das eintausendneunhundertsiebte Gedicht

Abendhimmel über der Straße der Kasbahs

Meinen verlorenen Gedichten (zum Verlust meines Notizbuchs in Marrakesch)

Ach, immer wieder verlier ich Gedichte,
Die liederlich ich mir notiert!
Meine Unterbelichtung macht munter zunichte,
Was ich zuvor ellenlang elaboriert.

Dort blieb ein Notizbuch, da brannte ein Blatt ...
Zwar fand ich genug Neues an ihrer statt -
Doch würd so gern mal das Verlorene lesen,
Das beinah ein Teil meines Werkes gewesen.

Fischereihafen & das eintausendachthundertzweiundachtzigste Gedicht

Möwen im Fischereihafen von Essaouira

Möwengedicht

Dass der Möwenflug nicht beschreibbar ist,
Ohne sehr kitschig zu werden,
Bestätigt jeder Maschinist.
Und nasengerümpfte Beschwerden
Der meermissverstehenden Landrattenclique
Behaften die nie sich erhebenden Blicke
Mit Gastspielbeschwernis auf Erden.

Vielleicht strömt uns die Seichtigkeit
In jene Möwenleichtigkeit,
Dass Verse wie bodenlos werden.

Muffatwerk & das eintausendachthundertachtundvierzigste Gedicht

Schornstein vom Muffatwerk

Abwägungen

Ach, dass das, was du verdienst, sich im Dasein verringert
Zu dem, was ich zu verrichten
Am Grenzpfahl in der Lage bin!
Dass ich für dich immer vom Gabentisch sing, hat
Genau wie das Dichten
Nicht allzu viel Sinn.

Man muss nicht nehmen, was man hat -
Man hat, was man sich nimmt.
Und hofft dann, dass das Resultat
Im großen Kosmos stimmt.

Sommerabschied & das eintausendachthundertsiebenundvierzigste Gedicht

Abendversammlung am Isarufer

Läuft!

Im Standgalopp lässt Pegasus
Salopp die Verse quellen.
Der Helikon gebährt 'nen Fluss,
Ich herze dessen Wellen.

Schon flüstert der behufte Held:
"Wir sind genug geritten!"
Die Schwingen auf Empfang gestellt,
Wird in den Flug geglitten.

Wegeauswahl & das eintausendachthundertsechsunddreißigste Gedicht

Isarauen und Isarkanal von der Großhesseloher Brücke

Wenn brotlose Kunst kucht

Ich schraube dein bloß episodisches Glück
Auf einen Streich um in so episch.
"Das ist Zauberei!", schmeichelst du nun zurück. -
Ich nenn' es ganz simpel poetisch.

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